Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.

ADFC-Interview mit Pfarrer Hans Mörtter, parteilos

Hans Mörtter strebt eine weitgehend autofreie Stadt nach Kopenhagener Vorbild an. Er will klare Flächen für Rad und Fuß, Tempo 30, Quartiersgaragen und breite Beteiligung der Stadtgesellschaft.

Hans Mörtter im Gespräch mit Christoph Schmidt © ADFC Köln

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Christoph Schmidt (ADFC): Herr Mörtter, Sie kandidieren für den Posten des Oberbürgermeisters. Herzlich Willkommen im ADFC. Wir haben ein paar Fragen an sie zur Radverkehrspolitik. Zum Einstieg bitte ich Sie, ihre verkehrspolitischen Ideen, ihre Vorstellungen für die Kölner Verkehrspolitik zu skizzieren. Und das auch insbesondere Hinblick auf die Kölner Klimaziele.

Hans Mörtter: Klima steht bei mir ganz oben an. Das ist eine meiner Gründe zu kandidieren.Weil wir da sehr schnell vorankommen müssen. Mein Vorbild ist Kopenhagen. Ich bin begeistert, war mit dem Fahrrad da und hab das einfach erlebt, wie genial das da gelöst ist und wie intelligent vor allem wie das alles funktioniert. Bei uns funktioniert nichts, also im Vergleich dazu. Wir müssen da also da Gas geben: Die Stadtmuss autofrei werden, also für den normalen privaten Autoverkehr. Klar haben wir die die üblichen Ausnahmen, zum Beispiel Lieferverkehr. Mein Vorbild ist eigentlich die Anne Hildago in Paris. Wie die Paris auf die Reihe gekriegt hat – gegen allergrößte Widerstände. Da sehe ich, dass es geht. Ich würde ich mich auch gerne mit ihr treffen, falls ich gewählt werde, um da ein bisschen zu lernen, wie sie es gemacht hat. 

Wir brauchen eine Stadt, die atmet, wo wir Menschen wieder atmen können, wo wir lernen, wieder miteinander umzugehen, aufeinander zu achten... 

Also zum Beispiel, ich erlebe Fahrradfahrer, Fußgänger... Das ist ein totales Chaos in Köln. Dann kommen noch die Rollerfahrer, die Roller würde ich am liebsten aus der Stadt verbannen. Ich würde sagen, das machen München und Paris auch. Da kann man auch was lernen. Aber wir müssen lernen wie die Kopenhagener zu fahren. , Da haben die Fahrräder für jede Richtung eine Spur und die Fußgänger haben ihre eigene Spur. Wenn wir so fahren, geben wir Zeichen, wir reagieren aufeinander. Dieses Wahnsinnschaos bei uns finde ich auch achtungslos das möchte ich ändern.

Schmidt: Jetzt haben Sie gesagt, was Sie sich vorstellen. Mit welchen Mitteln können wir denn diese Ziele erreichen?

Mörtter: Also es geht ja um die um die autofreie Stadt. Das heißt, ich muss erklären. – Wenn ich jetzt mit Menschen im Severinsviertel Rede, die haben sowieso keine Garage oder kein Parkplatz, ne die haben dieses Problem – Also ich finde es schwierig dogmatisch daran zu gehen. Ich muss versuchen, den Leuten zu erklären worum es eigentlich geht. Ich sag ich dem Carsten Schwanke Carsten, kannst du das mal erklären? Die Notwendigkeit. Also ich versuche so viele Leute wie möglich mitzunehmen. Aber ich weiß es gibt auch Leute die brauchen das Auto, die brauchen es einfach weil sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln gar nicht zum Job kommen oder ihren Job nicht machen können. Da muss ich also drauf achten. Und dann brauchen wir Quartiersgaragen. Dann sag ich nicht Quartiersgaragen dann sagt jeder. Sondern ich muss ganz kreativ überlegen.. Den inneren Autobahnring nützen. Und auch wie die Kopenhagener sagen, da setzen wir verschiedene Parkhäuser hin und dann müsst ihr mit dem Fahrrad eben zum Parkhaus fahren. Wer Auto fahren kann, kann in der Regel auch Fahrrad fahren oder sich irgendwie anders bewegen. 

Schmidt: Also ich würde gerne noch ein Bisschen mehr in die Art und Weise reinkommen. Welche Maßnahmen machen wir? Wo kriegen wir auch die finanziellen Haushaltsmittel her? Die ist ja nicht ganz so gut zurzeit. Was für organisatorische Themen können wir angehen?

Mörtter: Also wenn wir beim Haushalt anfangen, da würde ich schon mal sagen Ressourcenumverteilung. Also genau hinzugucken, wo wird das Geld rausgeschmissen? Wenn das hunderte Millionen von Euro sind, die für Securities ausgegeben werden – für jeden Scheiß – das sehen wir im Karneval an der Zülpicher Straße. Security ist nicht die Lösung von Problemen. Bei der Bewachung von Heim in der Obdachlosenarbeit, da ist Security nicht die Lösung. Also da sind ziemliche Summen die, denke ich, einzusparen sind, umzuleiten sind, die man anders ausgeben kann. 

Natürlich muss ich gucken, gibt es Bündnisse, zum Beispiel in der Wirtschaft? Mit Firmen, die daran interessiert sind, dass ihre Mitarbeitenden gut mit dem Fahrrad oder mit anderen Verkehrsmitteln schnell zu ihren Arbeitsplätzen kommen? Ich glaube, das da ist, da ist ne ganze Menge möglich.

Und dann muss ich natürlich gucken, was kann ich zum Beispiel entsiegeln? Auch finde ich ganz wichtig das, was an Verkehr noch stattfindet in der, Innenstadt: Tempo, 30 grundsätzlich überall.

Was muss ich für die Fahrräder auf den entsiegelten Flächen tun? Da drunter ist ja Kopfsteinpflaster. Die ganze Innenstadt ist ja voller Kopfsteinpflaster. Das ist ja eigentlich genial. Unglaublich stabil sind diese Steine. Darauf muss ich kleine Wege legen, damit ich mit den Fahrrädern gut drauf fahren kann. Also wie intelligent und schnell kann ich Straßen so zurüsten? 

Dann können das eine Verwaltung und der Stadtrat auch schnell beschließen und umsetzen. Also für mich ist es nicht eine Frage des wie, sondern ob es gewollt ist. 

Wenn man Kopenhagener fragt: „Wie habt ihr das hingekriegt?“ Sagen die: „Wir wollten es und wir haben es gemacht.“ Also „wollen“ und „machen“. Das sind für mich eigentlich die Schlüsselwörter. 

Schmidt: wenn wir uns mal die Ist-Situation angucken des Radverkehrs...

Mörtter: Oh Gott!

Schmidt: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Probleme? Wie wollen Sie die angehen? 

Mörtter: Also ich fange erst mal beim Positiven an: Inzwischen kann man wieder über den Ring fahren. Das finde ich genial. Das tut richtig gut, also das finde ich einfach herrlich. 

Größte Probleme sind für mich das Chaos. Wenn man zum Beispiel die Neumarkt- Überführung ansieht mit dem Fahrrad... Fußgänger, Fahrrad... Es gibt überhaupt keine Regeln. Wenn ich schnell und zügig unterwegs sein will mit dem Fahrrad – oder auch zu Fuß – habe ich ein Problem in der Stadt.

Also wir haben zu wenig klare Flächen. Wir brauchen richtige Fahrradstraßen. Wir brauchen Fahrradschnellstraßen, die berühmten. Ich war gestern in Bocklemünd, und das ist einfach der Horror über diese diese Kack-Fahrradwege, die eigentlich keine Fahrradwege sind. Das ist eine totale Zumutung, wenn man zügig fahren will. Wenn man Spazierfahrten machen will, kann man das so machen. Aber wir, wir bewegen uns inzwischen professionell mit dem Fahrrad und so müssen die Wege dann auch gebaut und gemacht werden. Dafür muss ein Wegenetz angelegt werden, auch weit in in die Außenränder hinein. So wie die Holländer das eben auch machen, dass man wirklich wirklich schnell zügig durchziehen kann.

Schmidt: Wie unterscheidet sich ihr Programm von dem ihrer Vorgängerin? Was lief gut? Was lief schlecht? Welche besonderen Akzente werden sie setzen? 

Mörtter: Also ich würde mal sagen, die vorhergehende Oberbürgermeisterin, die hat es sicher versucht. Ihr Problem war, dass sie selber nicht Fahrrad fährt. Dann weiß sie auch nicht, was Wirklichkeit ist. Man muss die Wirklichkeit kennen, um sie verändern zu können. Ich denke sie hat da nicht die Energie draufgesetzt. Für mich hätte das eine Priorität. So eine Stabsstelle im Rathaus... Ich bin ja ein Freund von zusammenarbeiten von Teams. Das heißt also mit euch zusammen und zum Beispiel dem VCD zu gucken: Wo sind denn die die Experten für Verkehr und für Mobilität? Und mit denen zusammenzuarbeiten und Pläne zu entwerfen, auch Zielvorgaben zu machen, in welchem Zeitraum was erreicht wird. Das finde ich ganz wichtig.

Sie war nicht sehr teamfähig. Würde ich einfach mal sagen. Und hat die Leute dann oft – auch den Egerer zum Beispiel, den Verkehrsdezernenten – alleine gelassen. Das ging nicht. Da muss klar sein: Der Oberbürgermeister und die Verkehrsentwicklung sind eine Einheit – autofreie Mobilität, das ist eine Einheit. 

Schmidt: Wie können wir die Umsetzungsgeschwindigkeit erhöhen? Insbesondere in den Stadtbezirken? In der Innenstadt ist ja viel passiert, aber bei den anderen acht Stadtbezirken habe ich den Eindruck, die sind gar nicht bekannt in der Verwaltung. Wie kriegen wir das hin? 

Mörtter: So empfinden die sich auch. Wenn ich jetzt zum Beispiel an die Niehler denke. Die sagen: “Uns gibt es nicht. Köln besteht aus der Innenstadt und das war es. Und wir kommen dann Jahrhunderte danach.”, Die Kämpfen seit 30 Jahren um den Fahrradweg an der Bundesstraße bei Ford entlang und haben ihn bis heute nicht. Jetzt wird das diskutiert. 

Schmidt: Ja, der kommt jetzt.

Mörtter: Genau, aber wenn man sich überlegt, dass die seit 30 Jahren darum kämpfen, da muss man sich den Kopf fassen. In den nördlichen Stadtteilen – da bin ich jetzt am meisten unterwegs – da ist ganz klar: "Wir sind abgehängt. Uns gibt es eigentlich nicht. Oder wir sind das Schlusslicht, wenn denn überhaupt.” Das heißt, es ist für mich es ganz wesentlich rechtsrheinisch, Norden und Süden genauso wie den rechtsrheinischen Norden in den Blick zu nehmen und zu sagen, ihr müsst schnell in die Innenstadt kommen und von der Innenstadt wieder zurück und auf guten Fahrradwegen, und die existieren so gut wie nicht. 

Also das heißt schnellstmögliche Umsetzung und die Planung davon. Und dann reicht es nicht zu sagen: “Ja, wir haben das vor”. Sondern da müssen Zeitvorgaben gesetzt werden, wann was geschieht. Und wir müssen da auch in finanzielle Vorlage gehen. Da müssen wir investieren. Das tun wir ja sonst auch. Bei der Oper ist es kein Problem das zu tun. Aber beim Fahrradweg ist es dann ein Problem – ja, vielleicht weil es auch nicht richtig gewollt ist, bisher. 

Schmidt: Jetzt haben sie viele Ziele genannt, die mit unseren Zielen übereinstimmen. Jetzt gehen sie aber als unabhängiger Kandidat da rein. Wie kriegen Sie ihre Mehrheiten?

Mörtter: Ganz einfach: Mit schlauen Konzepten. Also gucken wir mal wieder nach Paris zu Anne Hildago. Die hat Gegen Mehrheiten ihr Programm durchgesetzt, indem sie sich die besten Experten Frankreich geholt hat und dann Konzepte vorgelegt hat. Da konnte der Pariser Stadtrat nicht widersprechen und die Parteien auch nicht, denn dann hätten sie sich blamiert und für die nächste Wahl unmöglich gemacht. 

Bei mir ist das genauso. Ich muss nicht wieder gewählt werden. Aber die Parteien müssen wieder gewählt werden und die wollen auch ein gutes Gesicht haben und sagen: „Hey das haben wir gut gemacht.“ Aber entscheidend ist: sind die Konzepte gut? Sind die wirklich gut und überzeugen richtig? Damit komme ich durch. Aber wesentlich ist, dass ich wichtige Teile der Kölner Stadtverwaltung auf meiner Seite habe. Das hat kein Kandidat bisher. Ich habe die schon im Vorfeld. Ich muss mir die gar nicht erarbeiten, weil ich habe mir die schon lange erarbeitet.
Und das das ist eine ganz starke Energie und Kraft. Hochmotivierte hochmotivierte Menschen aus der Verwaltung. Weil mit denen komme ich viel schneller voran und dann kann ich präsentieren. Trotzdem ist mir auch die Zusammenarbeit wichtig. Ich mache keine Koalition mit mit einer Partei, denn dann komm eich in ein „gibst du mir dies, geb ich dir das“. Das ist immer so. 

Ich finde der Stadtrat muss Sach-, Themen- und wichtigkeitsorientiert und lösungsorientiert entscheiden. Und da gibt immer wieder neue Bündnisse denke ich. Aber es gibt natürlich Grundbündnisse.

Schmidt: Zum Abschluss haben sie jetzt noch die Gelegenheit zur schamlosen Selbstvermarktung: Warum sind sie der richtige Oberbürgermeister für Köln? Insbesondere in Bezug auf sicheren und besseren Radverkehr? 

Mörtter: Ich würde sagen, in auf Bezug auf sicheren Fahrradverkehr der richtige bin, weiß ich nicht. Meine Frau sagt, ich würde Kamikaze Fahrrad fahren. Also ich fahre sehr schnell und mein Ziel ist mir demnächst doch mal mir einen Helm anzuschaffen. Fliegen kann nicht, westernreiten schon. Da fliegt man schon mal vom Pferd und macht die Rolle über den Kopf hinweg. 

Ich kann nur sagen: Ich halte mich für den besten OB-Kandidaten insgesamt, weil ich kann Karneval, ich kann lachen, ich kann tanzen, ich habe keine Scheuklappen, ich kann nach rechts und nach links gucken, kann meinen Kopf richtig bewegen, ich liebe Menschen und ich kann zuhören. Das ist mir ganz wesentlich. 

Vor allem aber: ich bin teamfähig. Ich suche mir immer die Menschen, die zu einem Thema wirklich Ahnung haben und ich sage nicht: „Ich weiß alles.“, sondern: „Wer weiß mehr als ich und wie kommen wir dann zu einem Sachthema? Wie kommen wir blitzschnell voran?“ 

Köln ist festgefahren, dreht sich im Hamsterrad. Das ist das Problem der Parteien. Ich Gründe keine neue Partei weil ich will, dass die Parteien wieder anfangen miteinander zu arbeiten, aufeinander zuzuarbeiten. Aber ich will vor allem an den Themen bleiben und sie so schnell wie möglich lösen, denn davon haben wir genug in der Stadt. Ich weiß, dass das geht. Und ich mache es genau fünf Jahre und keine Stunde länger. Ich hoffe, dass dann die Parteien wieder parat sind und auch gute Oberbürgermeisterkandidat:innen zu bieten haben. Aber erstmal mach ich es. 

Schmidt: Vielen Dank fürs Gespräch. 

Mörtter: Gerne Herr Schmidt.


Wählen gehen am 14. September!

Bei der Kölner Kommunalwahl werden am 14. September 2025 der Stadtrat und die neun Bezirksvertretungen neu gewählt. Dort fallen auch alle Entscheidungen über die Kölner Radverkehrsinfrastruktur. Außerdem wählen wir an dem Tag ein neues Stadtoberhaupt. Hier ist allerdings eine Stichwahl am 28. September zu erwarten. Schon jetzt könnt ihr Briefwahlunterlagen beantragen oder vor Ort die Direktwahl machen.

Weitere Informationen
https://koeln.adfc.de/artikel/hans-moertter

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