ADFC-Interview mit Mark Benecke, Die PARTEI
Mark Benecke will breite Flächen für Rad und ÖPNV und setzt auf autofreie Straßen nach internationalen Vorbildern. Entscheidungen sollen durch Bürgerräte legitimiert werden; die Umsetzung hält er für bezahlbar.
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Christoph Schmidt (ADFC): Herzlich Willkommen, Herr Benecke. Sie wollen Oberbürgermeister- Kandidat werden, deswegen haben sie...
Mark Benecke: Ich bin OB-Kandidat.
Schmidt: Genau sie wollen Oberbürgermeister werden und deswegen haben wir sie eingeladen in den ADFC. Herzlich Willkommen ich würde Sie ganz gerne am Anfang mal bitten zu skizzieren, was Ihre Vorstellungen für die Kölner Verkehrspolitik sind. Auch mit Hinblick auf die Kölner Klimaziele.
Benecke: Die Kölner Klimaziele gibt es ja nicht. Das ist ja nur ein Lügenmärchen, also das interessiert ja keinen in der Verwaltung, also das können wir vergessen.
Und grundsätzlich unabhängig von den Klimazielen, aber gerne auch mit Klimazielen wäre es natürlich besser, wenn die Stadt wesentlich großzügiger für öffentlichen Personennahverkehr und Fahrräder gestaltet wäre. Natürlich müssen die Rettungswagen durchkommen. – Ja, ja. Aber abgesehen davon wäre das schon cool. Ich habe es jetzt in ein paar anderen Städten schon gesehen, also in New York haben sie es schon länger gemacht, dass sie mal ganz großzügig das gemacht haben, das war sehr, sehr interessant, da stehen auch viele von diesen Leihrädern was hier die KVB-Räder sind – City Bikes. Das ist da ein großes Ding, da fahren auch viele mit, sehr viele und nehmen auch die Straße so für sich ein. Also die fahren dann sehr forsch mit diesen City Bikes weil sie offensichtlich der Meinung sind, dass wenn man ein City Bike hat – was ja auch stimmt – dann gehört einem der Fahrradweg. Okay das funktioniert gut. Und gleichzeitig gibt es in anderen Städten halt immer das Problem, dass dann die fetten SUVs rumfahren. Das ist jetzt hier in Köln noch nicht ganz so extrem, aber ich denke, da sollte man einfach mal direkt vorbeugen, damit das nicht wieder in anderen Städten wird. Dass man Fahrräder und SUVs hat. Total beknackt.
Schmidt: Okay das ist also ihre Zielvorstellung. Wie wollen Sie diese Vorstellung erreichen? Mit welchen Mitteln, welchen Methoden?
Benecke: Also was Fahrräder angeht – weil ihr jetzt ja Fahrradstellvertreter seid – würde ich einfach das sperren, so wie ich das in anderen Städten auch gesehen habe. Also ich meine in der Schildergasse hat sich das ja auch keiner vorstellen können früher, dass die Mal in eine Fußgängerzone sein würden. Nein, um Gottes Willen! Die Breitestraße? Nein! Und die Hochstraße? Nein! OK das sind jetzt die längsten Einkaufsstraßen Deutschlands. Das hat wunderbar geklappt. Und genauso geht das mit den Fahrradstraßen. Ich hab es gesehen. Also ich erzähl das nicht nur blablabla einfach so, sondern ich hab es in mehreren Städten schon gesehen.
Schmidt: Wie kriegt man jetzt als Vertreter einer eher kleineren Partei die Mehrheiten dazu im Stadtrat?
Benecke: Ist mir egal, wenn die Leute nicht mitmachen, kannst du nichts machen. Also wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht mitmachen, also wenn alle immer nur schreien, sie wollen mehr Geld, aber sie wollen nirgendwo sparen... Okay dann kann ich es auch nicht ändern, dann klappt das halt nicht. Dann bricht halt alles zusammen. Also ich meine ich bin ja nicht Gott, ich kann das ja nicht, ich kann ja keine Executive Order für die Stadt Köln schreiben, also wenn die Bürger nicht mitmachen, keinen Bock haben, kannst du nichts machen, das ist wie in anderen Städten. Also zum Beispiel in Paris oder Barcelona und so weiter. Da klappt das Halt, da sagen die, OK, wir möchten echt mal was für Klimaziele tun, wir möchten TOP Städte bauen, wir möchten das. Die Bürger und Bürgerinnen machen mit... OK, dann klappt es. Wenn das hier in Kölnso weitergeht, dass alle irgendwo rumlabern... Dannklappt es halt nicht.
Schmidt: Wie unterscheidet sich ihr Programm von dem ihrer Vorgängerin? Was lief vielleicht auch gut, was lief schlecht?
Benecke: Ich kenne das Programm der Vorgängerin nicht. Kann ich nichts zu sagen. Keine Ahnung.
Also ich fand ein paar Sachen ganz gut. Zum Beispiel am Ring. Das war wirklich ätzend mit diesen Pollern an der Seite, diese Radwege und dann dieses Hubbelpflaster. Also wenn du dich da drum gewickelt hast, das war schon echt unangenehm. Also das ist diese ersten Schritte mal einfach jetzt große Bereiche abzusperren – oder wie an der Rheinuferstraße – mal einfach zu sagen: “OK, jetzt reicht es.” und einen großen Bereich auch zu sperren ist nicht schlecht. Nachteil ist oft – dashabe ich in Berlin auch schon gesehen, da hab ich mich auch schon mal auf die Fesse gepackt. Da haben Sie am Alexanderplatz auch so n großen Straßenbereich freigegeben für Fahrradverkehr und den Radweg – aber da ist noch die Kante vom Radweg, sozusagen die Bürgersteigkante dazwischen. da packt sich natürlich mega auf die Fresse nachts, wenn du das nicht weißt also ich ne wusste das aber nicht. Also, diese ersten Ansätze, die da jetzt gemacht wurden, die finde ich gut. Dann sehen die Autofahrer Autofahrerinnen auch mal, dass das funktioniert und ihnen nicht die Straße gehört. Also das fand ich, also das war ganz nett, dass das jetzt mal passiert ist. Und das muss natürlich jetzt dann über die ganze Stadt sich ausbreiten.
Schmidt: Wie kriegen wir jetzt mehr Geschwindigkeit in das Thema rein? Also wie?Mehr Geld einsetzen? Mehr Personal? Oder andere Methoden?
Benecke: Das kostet eigentlich nichts. Also sagen wir mal, in den Städten, in denen ich es gesehen hab, war es eigentlich nicht so teuer. Da musste man das entweder durchsetzen..., Also es gibt ja auch in den USA zum Beispiel ist es ja so, da hast du ja so n bisschen mehr Exekutivgewalt. Oder in Frankreich auch n bisschen. In Köln halt nicht. In Köln wollen alle immer nur feiern, labern, saufen, Geschlechtsverkehr. OK gut. Hab ich auch nichts gegen im Gegenteil – find ich gut. Aber trotzdem Das reicht natürlich nicht, um dann Fahrradwege... und Verkehrs- und Klimapolitik zu betreiben.
Insofern also meine Beobachtung war – in Berlin, vor allen Dingen macht sie am besten, so Bürger- und Bürgerinnenräte mit zufällig ausgewählten Bürgern und Bürgerinnen. Das hört sich total Crazy anfür Köln. Haben die aber schon gemacht, in Berlin, auch in anderen Städten. Dann sagen die was sie wollen und was sie nicht wollen, und so wird es dann gemacht. Und wie gesagt, wenn die meisten dann einfach keinen Bock haben, dann kann ich es halt auch nicht ändern. Dann sollen sie halt nur nicht heulen dann hinterher wenn es ihnen nicht gefällt.
Schmidt: Wie beurteilen Sie die Situation des Radverkehrs in Köln? Also, was sind die größten Probleme, die wir haben? Was müsste man da als Erstes angehen?
Benecke: Also was gut ist?
– Oh, da ist eine Baumwanze. Die musst du vielleicht mal raus tun. Die krabbelt hier an der Scheibe lang. –
Also das was gut ist. Wie gesagt, dass so erste Schritte mal sehr sinnbildlich gemacht wurden. Wie gesagt: Rheinuferstraße, Ring und so weiter. Da sieht man einfach mal das geht. Der nächste Schritt wäre wahrscheinlich Einfach mal so Straßen wie hier so kleine Straßen einfach mal nach und nach für den Fahrradverkehr freigeben.
Was ich in Berlin auch schon gesehen habe, das haben sie mal tageweise gemacht, gab es hier in Köln auch mal einen Tag lang für die Nord-Süd-Fahrt einfach die Straßen mal komplett sperren, also jetzt gar nicht ausdrücklich als Radstraßen, sondern so für alles Fußgänger und so weiter und so würde ich das dann einfach versuchen, Schritt für Schritt zu machen, aber wie schon gesagt: Wenn die Bürgerinnen und Bürger dann keinen Bock haben, kannst du auch nichts machen. In Berlin war es sehr verblüffend, weil dann auf einmal die Kinder auf der Straße mitten in Mitte spielen konnten. Also das hat extremen Eindruck gemacht auf alle. Also jeder, der das gesehen hat, das ist gar nicht so sehr eine Verkehrssache gewesen. Sondern eher, dass man gesagt hat, oh, wir haben ja einen Veedel hier – also würde man in Köln sagen – hier ist ja ein Veedel ein Kiez – ja total crazy – und zwar von einer Minute auf die andere, also die Kinder haben nur mit Kreide gemalt, und alles, was den Kindern ein bisschen eingefallen ist, das fand ich extrem eindrucksvoll. Jeder, der das gesehen hat, hat natürlich gesagt: "Okay geht nicht nur um Fahrräder und so.” Und dann eben Poller und sperren oder eine City Maut.
In Köln heißt es immer, hier kann man keine Maut machen. Da sind alle korrupt, faul, da brauchst keine Maut einführen. Nee, nee, das musst du schon sperren, dann und fertig. Ja okay nee, also um Gottes Willen! Ich weiß, das Geld fließt dann auch schon wieder in irgendwelche Kanäle, wo es nicht hinfließen soll wie bei der idiotischen Tourismusabgabe. Also da förderst du nur die Korruption und den Schwachsinn hier.
Christoph Schmidt: Jetzt haben sie zum Schluss noch die Gelegenheit zur schamlosen Selbstvermarktung: Warum sind sie als Bürgermeister die richtige Wahl, wenn es um sicheren und besseren Radverkehr geht?
Benecke: Ich habe noch nie in meinem Leben einen Führerschein gehabt. Ich hasse Autos okay.
Schmidt: Vielen Dank für das Gespräch.
Benecke: Sehr gerne, sehr gerne.
Wählen gehen am 14. September!
Bei der Kölner Kommunalwahl werden am 14. September 2025 der Stadtrat und die neun Bezirksvertretungen neu gewählt. Dort fallen auch alle Entscheidungen über die Kölner Radverkehrsinfrastruktur. Außerdem wählen wir an dem Tag ein neues Stadtoberhaupt. Hier ist allerdings eine Stichwahl am 28. September zu erwarten. Schon jetzt könnt ihr Briefwahlunterlagen beantragen oder vor Ort die Direktwahl machen.