Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.

ADFC-Interview mit Markus Greitemann, CDU

Markus Greitemann verfolgt eine pragmatische Mobilitätspolitik. Er will zuerst Alternativen – vor allem den ÖPNV – stärken und danach den Autoverkehr schrittweise reduzieren, um Raum für Rad- und Fußverkehr zu schaffen.

Markus Greitemann im Gespräch mit Christoph Schmidt © ADFC Köln

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Christoph Schmidt (ADFC): Herr Greitemann, herzlich willkommen im ADFC. Wir haben sie eingeladen, hier sich und ihr Programm vorzustellen. Meine erste Frage ist: Was ist denn so ihre Vorstellung von der Kölner Verkehrspolitik im Allgemeinen gesehen, aber auch mit Hinblick auf die Kölner Klimaziele?

Markus Greitemann: Schönen guten Tag, Herr Schmidt, erstmal herzlichen Dank, dass ich hier sein darf und mich und auch meine Ziele bezüglich der Mobilitätspolitik vorstellen darf. Ja, wir müssen die Mobilität in dieser Stadt vom Menschen herdenken, ich glaube, das ist in den letzten Jahren zu sehr ideologisch getrieben. Ich bin von Natur aus Pragmat und möchte auch pragmatische Lösungen voranstellen. Das heißt, wir brauchen eine Verkehrspolitik mit Maß und Mitte.

Bevor wir irgendein Verkehrsmittel zurückdrängen, müssen wir vorher Alternativen bereitstellen, damit es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern, Fußverkehr, Radverkehr, Automobilverkehr und insbesondere ÖPNV gibt. Der ÖPNV ist wahrscheinlich die Schlüsselposition in allem. Wir müssen den ÖPNV massiv stärken, damit wir den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV schaffen und damit auch Freiräume für Fußverkehr und auch für den Radverkehr bekommen. 

Schmidt: Wenn ich jetzt neue Möglichkeiten schaffen möchte für den Radverkehr, geht es ja oft einher damit, dass ich jemand anders was wegnehmen muss. Das ist in der Regel die Fläche, die nun mal heute meistens an den Autoverkehr verteilt ist. Das heißt, gerade wenn ich Möglichkeiten schaffen möchte für die Alternativen, geht das doch oft auch einher damit, dass Flächen für den KFZ-Verkehr wegfallen.

Greitemann: Wir haben massives Problem in dieser Stadt. Oder Herausforderungen. Probleme gibt es ja im Prinzip nicht, sondern wir haben Herausforderungen dieser Stadt bezüglich der Flächenkonflikte. Das ist eindeutig. Ich muss aber als erstes, bevor ich etwas rausdränge, Alternativen schaffen, ich gebe Ihnen ein Beispiel, wir haben im Moment im Automobilverkehr, also im motorisierten Individualverkehr, massive Herausforderungen bezüglich Staus. Und auch Störungen durch Baustellen in dieser Stadt. Und diese führen dazu, dass auch der Radverkehr massiv gefährdet wird. Das führt dazu, dass der Fußverkehr massiv gefährdet wird und von daher gesehen müssen wir als erstes die alternative Lösung, das heißt den ÖPNV so massiv stärken, dass wir den motorisierten Individualverkehr sukzessive rausbringen können. Das heißt jetzt nicht pauschal über die ganze Stadt, aber insbesondere auf den Hauptverkehrsachsen und an den Hauptverkehrsknotenpunkten haben wir diese Herausforderung in dieser Stadt. 

Inden Nebenstraßen, in anderen Bereichen bin ich sofort dabei, dass wir eine Trennung zwischen Radverkehr und Automobilverkehr und auch dem Fußverkehr herbeiführen. Ich nehme als gutes Beispiel die Severinstraße. Da mache ich mich schon seit längerem sehr stark dafür, dass die Severinstraße weitestgehend autofrei gestaltet wird, dass nur noch zulieferverkehr da ist. 

Da müssen wir aber dann sehr genau darauf achten, dass das Zusammenspiel zwischen Fußverkehr und Radverkehr wieder funktioniert. Ich habe dort lange gelebt und bin immer noch sehr häufig in der Südstadt. Der Radverkehr muss dann auch auf den nächstschwächeren Verkehr, nämlich den Fußverkehr, Rücksicht nehmen. Ich glaube, eine ganz besondere Herausforderung ist in dieser Stadt die Rücksichtnahme aufeinander auf den jeweiligen Verkehrsteilnehmer, ob das der Radfahrer ist, der Fußgänger, ob das der, der im Automobil sitzt oder der im Bus sitzt. Selbst der Busfahrer sollte Rücksichtnahmen mitbringen. 

Schmidt: Jetzt haben Sie gesagt, wo sie hinwollen. Welchen Weg gehen Sie? Welche Maßnahmen, welche verwaltungstechnischen Dinge? Was gehen Sie an? 

Greitemann: Als erstes wird ganz wichtig sein – ich hatte es ja schon zweimal gesagt – den ÖPNV zu stärken. Das heißt, die KVB muss besser performen. Das heißt, die Straßenbahnen und auch die Busse müssen pünktlich ankommen. Sie müssen vor allen Dingen so gestaltet sein, dass man sich sicher in diesen Bereichen fühlt. Ob in der U Bahn oder an der Haltestelle oberirdisch. 

Und damit die Taktungen auch erhöht werden, müssen wir definitiv an der ein oder anderen Stelle auch Maßnahmen einleiten, die das möglich machen. Wie zum Beispiel die Gestaltung der Ost West Achse. Und ganz wichtig ist natürlich, dass die Züge, die bestellt worden sind, die 90 Meter langen Züge endlich kommen. Damit dort auch die Kapazitäten erhöht werden können. 

Aber ein ganz wichtiges Anliegen ist mir auch – ich glaube, das wird uns viel auch beim motorisierten Individualverkehr helfen – dass der Bahnknoten Köln, den die Deutsche Bahn baut, massiv von uns unterstützt wird. Es ist ganz wichtig, es dürften da keinerlei – kritische Fragen dürfen kommen, natürlich – aber es dürfen keinerlei Knüppel in den Weg geschmissen werden. Wir müssen diesen Bahnknoten jetzt vorantreiben, und der muss gestaltet werden, damit sowohl der Osten als auch der Westen des Umlandes besser angebunden wird und damit wir damit das Auto aus der Stadt heraus bekommen. Insbesondere durchs ein- und auspendeln. 

Schmidt: Wie unterscheidet sich denn ihr Programm von dem ihrer Vorgängerin? Was lief gut? Was lief schlecht? Welche andere Akzente setzen Sie? 

Greitemann: Ich möchte mich nicht mit Vorgängerinnen oder mit Vorgängern in irgendeiner Form vergleichen. Sondern ich möchte das voranbringen, was wir uns vorgenommen haben. Ich sage jetzt wir, das heißt ich als Person und auch mein Team und insbesondere auch die CDU, was wir uns vorgenommen haben: Nochmal: Wir werden massiv im ÖPNV aufrüsten müssen, wir werden bei der KVB auch einige Umstrukturierungsmaßnahmen vorantreiben müssen. Das kann ich als Oberbürgermeister nicht direkt. Aber insbesondere auch mit dem Rat und mit den Vertretern in den Aufsichtsräten, damit dort eine Veränderung stattfindet in der Organisation. Damit wir dort auch schneller werden, verbindlicher werden, und vor allen Dingen auch sicherer werden. Und wir werden massiv die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Nahverkehr stärken müssen, damit sie auch Lust und Freude haben dort zu arbeiten, damit diese Mobilitätswende wirklich mal funktionieren kann. 

Dazu kommen natürlich – da zielt die Frage ja vielleicht auch drauf ab – ich möchte sukzessive, wenn Alternativen da sind, den ruhenden Verkehr aus der innersten Stadt rausnehmen. Das wird mit Sicherheit für Rad und Fußverkehr auch ein großer Schritt sein, das wird nicht in den ersten fünf Jahren passieren. Das wird längerfristig laufen müssen. Und wenn wir dann die Mobilitätswende wirklich geschafft haben, sukzessive aus der innersten Stadt das Auto auch langsam rausnehmen. 

Natürlich muss die Möglichkeit gegeben werden, dass Handwerker, Notärzte und auch die Parkhäuser direkt angefahren werden können. Die Möglichkeit werden wir immer eröffnen müssen, damit Gewerbe und Handel in dieser Stadt wieder gestärkt wird. 

Durch die Herausnahme des Individualverkehrs und die Verbesserung des Radverkehrs durch die Verbesserung auch des ÖPNVs wird dann mit Sicherheit auch die innere Stadt und auch in den Fedeln die Kaufkraftbindung wieder steigen, und die Einzelhändler werden wieder mehr und besseres Geschäft machen können. Der Kunde, der Mensch – jetzt sind wir wieder beim Mensch – wird wieder seine Bedarfe direkt vor Ort befriedigen. 

Schmidt: Kommen wir ein bisschen mehr auf den Radverkehr, wie beurteilen sie die Situation des Radverkehrs hier in Köln heute? Was sind aus Ihrer Sicht die größten Probleme? 

Greitemann: In Teilen beurteile ich den Radverkehr gut. Ich nehme jetzt zum Beispiel das Thema „Ring frei“. Da sage ich ganz ehrlich, das habe ich am Anfang als das beschlossen wurde, da war ich noch bei der Universität zu Köln, , skeptisch gesehen., Inzwischen bin ich sehr froh darum. Wie ich in der Südstadt gelebt habe, habe ich das sehr gerne genutzt. Weil sie können sehr sicher und sehr bequem über die Ringe mit dem Rad fahren. Jetzt müssen wir nur daran arbeiten, dass also die alten Radtrassen auf den Trottoirs auf den Bürgersteigen rausgenommen werden. Das sind so Themen, die wir im Detail angehen müssen. 

Wir haben aber insbesondere Herausforderungen bei der Anbindung nicht nur des Umlandes, sondern auch der anderen Stadtbezirke der äußeren Stadtbezirke. Ich wohne inzwischen in Sürth, da ist es noch relativ komfortabel, ich suche mir da wirklich meinen Weg oder fahre am Rhein entlang. Gut den Rheinbogen zu fahren ist verdammt lang, deswegen suche ich mir meinen Weg durch Rodenkirchen. Dort ist die Situation inzwischen auch relativ komfortabel, um in die Stadt reinzukommen. Es gibt genügend andere Stadtgebiete, die nicht so gut angebunden sind. Da müssen wir Radverkehrstrassen schaffen, und das möglichst auch zügig. Das werde ich in den nächsten fünf Jahren als Oberbürgermeister mit angehen wollen. Wichtig dabei ist allerdings wiederum: Wir müssen mit Maß und Mitte drauf gucken, dass das Auto nicht komplett belastet wird, denn dann haben wir noch mehr Stausituationen und noch mehr Gefahrenpunkte, insbesondere in den Knotenpunkten. Und da warne ich massiv vor.

Schmidt: Zum Schluss haben sie jetzt noch die Möglichkeit zur schamlosen Selbstvermarktung: Warum sind sie der richtige Oberbürgermeister? Und zwar insbesondere für die Menschen, die Rad fahren wollen? 

Greitemann: Ich bin der richtige Oberbürgermeister, weil ich nicht ideologiegetrieben bin, sondern wirklich die Themen auf Grundlage ihrer Bedürfnisse, ihrer Anforderungen an das Leben in dieser Stadt gestalten werde. Und ich werde die Dinge pragmatisch entscheiden, natürlich mit allen Mitgliedern im Rat. Ganz wichtig, dass man die zusammenbringt, Mehrheiten bildet, aber basierend auf einem puren Pragmatismus und Sachorientierung 

Schmidt: Vielen Dank fürs Gespräch. 

Greitemann: Danke.


Wählen gehen am 14. September!

Bei der Kölner Kommunalwahl werden am 14. September 2025 der Stadtrat und die neun Bezirksvertretungen neu gewählt. Dort fallen auch alle Entscheidungen über die Kölner Radverkehrsinfrastruktur. Außerdem wählen wir an dem Tag ein neues Stadtoberhaupt. Hier ist allerdings eine Stichwahl am 28. September zu erwarten. Schon jetzt könnt ihr Briefwahlunterlagen beantragen oder vor Ort die Direktwahl machen.

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