ADFC-Interview mit Torsten Burmester, SPD
Torsten Burmester will eine geplante Verkehrswende. Er stärkt den ÖPNV als sozial gerechtes Rückgrat, trennt die Verkehrsarten klar, schützt besonders Fußgänger und baut große Rad-Pendlerrouten aus.
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Christoph Schmidt (ADFC): Herr Burmester, herzlich Willkommen im ADFC. Wir haben sie eingeladen, weil sie Oberbürgermeisterkandidat der SPD sind. Bitte skizzieren Sie doch Ihre Vorstellung für die Kölner Verkehrspolitik im Allgemeinen und insbesondere aber auch im Hinblick auf die Kölner Klimaziele.
Torsten Burmester: Das werde ich gerne tun. Herzlichen Dank, dass sie mich eingeladen haben. Köln braucht eine geplante Verkehrswende. Eine Verkehrswende, die nicht von Einzelaktivitäten geprägt ist, sondern die einem Plan folgt, über alle Verkehrsträger hinweg. Da hat die Sozialdemokratie, da habe ich die klare Aussage, dass wir die klimaneutralen Verkehrsmittel nach vorne bringen wollen: Die Umwelt, den Umweltverbund, also insbesondere den ÖPNV in dieser Stadt. Ich bin gerade mit dem Lastenrad unterwegs im Wahlkampf, weil ich bewusst auch mal die Fahrradperspektive einnehmen möchte. Und da gibt es in der Tat viel zu verbessern. Was mir am konkretesten auffällt ist das Thema Sicherheit der Fahrradwege. Insbesondere die klare Trennung der Fahrradwege.
Schmidt: Jetzt haben sie Ihre Vorstellung gesagt. Wie wollen Sie die denn erreichen? Mit welchen Methoden? Welchen Mitteln? Welchen Maßnahmen in der Verwaltung etc.? Wie kommen wir da voran?
Burmester: Dieses Verkehrskonzept lebt einmal von einem starken ÖPNV, weil der ÖPNV das gerechteste Verkehrsmittel ist in dieser Stadt. Am sozial gerechtesten. Nicht jeder kann Fahrradfahren, nicht jeder kann sich ein Auto erlauben und deswegen ist der ÖPNV in erster Linie zu stärken. Da sind wir auch bei dem Thema „Mitnahmegelegenheiten für Fahrräder“, Abstellmöglichkeiten an den großen ÖPNV-Flächen. Alos dem verzahnen der Verkehrsträger. Und auch weitere Verkehrsträger ausbauen. Da sind wir beim Thema Fähren und auch Seilbahnen. Den Mix an Verkehrsträgern noch mal deutlich erhöhen.
Schmidt: Wenn wir jetzt mal mehr über ihre Rolle als Oberbürgermeister nachdenken, wie kriegen Sie die Verwaltung, wie kriegen Sie die Mehrheit in der Politik?
Burmester: Als Oberbürgermeister haben sie ja drei Aufgaben, im Wesentlichen. Die erste ist, sie sind Chef der Verwaltung von 22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sie mitnehmen müssen. Wo sie auch dafür sorgen müssen, die Verwaltungsvorgänge in der Zukunft besser und anders zu organisieren. Dann sind sie die Schnittstelle in die Politik zum Stadtrat, weil sie ja für die Projekte, für die sie werben, die sie umsetzen wollen eine politische Mehrheit brauchen. Und dann sind Sie derjenige, der mit der Stadtgesellschaft, mit den Bürgerinnen und Bürgern spricht – so wie ich jetzt mit ihnen – und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger aufnimmt und daraus konkrete Politik macht. Weil es sozusagen viele Sachen gibt, die von unten kommen, die wichtig sind, dass sie in der Politik gemeinsam umgesetzt werden. Da maße ich mir nicht an, dass ich da die Weisheit, die letzte Weisheit habe. Sondern ich brauche die Anregung der Bürgerinnen und Bürger. Und wenn die bereit sind über ehrenamtliches Engagement – so wie sie auch – Projekte zu befördern, dann muss ich das unterstützen. Das ist Aufgabe in dieser Funktion als Bürgermeister.
Schmidt: Wie unterscheidet sich ihr Programm, ihre Arbeitsweise von dem ihrer Vorgängerin? Was glauben sie, war gut, was lief schlecht? Welche besonderen Akzente werden Sie setzen?
Burmester: Also ich maße mir kein Urteil über meine Vorgängerin an. Ich bin es ja auch noch nicht. Deswegen kann ich auch nicht „Vorgängerin“ sagen zu Frau Reker. Ich glaube Frau Reker hat für diese Stadt mit Haltung, für Demokratie, gegen Rassismus, für Diversität gestanden. Ich glaube, dafür hat sie gestanden, das verdient Respekt. Über andere Sachen, auch über die Unzufriedenheit muss man sprechen. Wie kommt Unzufriedenheit? In dieser Stadt durch nicht getroffene oder falsch getroffene Entscheidungen. Das ist das Potenzial, was man in der Zukunft ändern kann, indem man richtige Entscheidungen trifft. Ich glaube ich habe richtige und gute Vorschläge. Wenn wir diese richtigen Entscheidungen treffen im Bereich des Wohnungsbaus, im Bereich der Verkehrspolitik, im Bereich der Wirtschaftsförderung, im Bereich von Sicherheit und Sauberkeit, des sozialen Engagements, dann können wir – glaube ich – nachhaltig Köln verbessern.
Schmidt: Wie beurteilen Sie die konkrete Situation des Radverkehrs in Köln? Was sind aus Ihrer Sicht die größten Probleme und wie wollen sie die angehen?
Burmester: Also ich habe eben gesagt, dass ich es aus eigener Sicht jetzt erfahre, und das ist ein guter Weg.
Schmidt: Das ist ein guter Weg.
Burmester: Ja, das ist ein guter Weg. Ich bin bisher viel ÖPNV und Auto gefahren und ich wollte bewusst keinen Dienstwagen – hätte ich sowieso nicht gekriegt – ist auch zu teuer. Wenn man diese Perspektive einnimmt… Da merke ich, dass diese fehlende Trennung zwischen den Verkehrsträgern ein Problem ist. Die vulnerabelste Gruppe sind die Fußgänger im Übrigen. Das sind diejenigen, die am ungeschütztesten sind. Dann kommen die Fahrradfahrer, die immer den Kürzeren ziehen gegen die Autos. Da zu einer Trennung zu kommen und hoffentlich auch zu einer baulichen Trennung, wo jeder seinen Platz, seinen Raum hat. Statt einem Wettstreit auf der Straße bei den enger werdenden Räumen. Dass es da zu keinem Wettstreit kommt und zu keinem Kampf um diese Plätze, das ist das, was ich anstrebe.
Und dann haben wir viele Pendler in Köln. 300.000, die nach Köln einpendeln. Es sind die großen Pendlerrouten auszubauen für das Fahrrad, weil ich merke die Bereitschaft ist da, sich auch mit dem Fahrrad zur Arbeit zu bewegen, auch wenn man aus dem Umfeld von Köln ist. Wir haben sehr viel und sehr gutes in der Innenstadt getan. Aber der Ausbau dieser großen Fahrradmagistralen, der fehlt aus meiner Sicht.
Schmidt: Ich hab oft den Eindruck, die Verwaltung kennt die anderen Stadtbezirke nicht. Wenn ich so den Radausbau angucke. In der Innenstadt ist wirklich viel passiert…
Burmester: Da passiert sehr viel isoliert. Und sie haben recht, der Fokus der Stadtpolitik der vergangenen Jahre lag zu sehr auf der Innenstadt. Da bin ich völlig bei ihnen. Insofern hat diese Stadt auch eine ungerechte Entwicklung genommen. Die Verhältnisse im Rechtsrheinischen oder im Norden sind anders als die Verhältnisse im Süden oder im Westen dieser Stadt. Das anzugehen, das muss die Aufgabe eines Oberbürgermeisters werden, der nicht Bezirksbürgermeister der Innenstadt werden will, sondern Oberbürgermeister der ganzen Stadt.
Schmidt: Genau. Okay.
Burmester: Danke für die Zustimmung.
Schmidt: Jetzt haben Sie zum Schluss die Gelegenheit zur schamlosen Selbstvermarktung. Warum sind sie der ideale Oberbürgermeister für die Kölner:innen, und zwar insbesondere für die, die mit dem Rad unterwegs sind?
Burmester: Also ich mache keine schamlose Selbstvermarktung, sondern es gibt Argumente, es gibt Ziele. Ich habe drei Ziele: konsequent für bezahlbaren Wohnraum in dieser Stadt sorgen, konsequent für Sicherheit und Sauberkeit in dieser Stadt sorgen und konsequent für sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt sorgen.
Und dann muss man die Verwaltung, die Funktion dieser Stadt wieder in Gang bringen. Weil viele Kölnerinnen und Kölner sagen mir, dass diese Stadt nicht funktioniert, dass der ÖPNV nicht kommt, dass die Verwaltung so langsam ist, und das müssen wir mit einer gemeinsamen Anstrengung ändern.
Schmidt: Vielen Dank für das Gespräch.
Wählen gehen am 14. September!
Bei der Kölner Kommunalwahl werden am 14. September 2025 der Stadtrat und die neun Bezirksvertretungen neu gewählt. Dort fallen auch alle Entscheidungen über die Kölner Radverkehrsinfrastruktur. Außerdem wählen wir an dem Tag ein neues Stadtoberhaupt. Hier ist allerdings eine Stichwahl am 28. September zu erwarten. Schon jetzt könnt ihr Briefwahlunterlagen beantragen oder vor Ort die Direktwahl machen.