Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.

ADFC-Interview mit Volker Görzel, FDP

Volker Görzel setzt auf bedarfsgerechte Lösungen ohne Ideologie. Er will CO₂ mindern, erfolgreiche Projekte wie „Ringe frei“ ausbauen, Regeln schärfen und den Respekt zwischen Verkehrsteilnehmenden stärken.

Volker Görzel im Gespräch mit Christoph Schmidt © ADFC Köln

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Christoph Schmidt (ADFC): Herr Görzel, Herzlich Willkommen im ADFC. Sie sind zu Gast hier als Kandidat für das Oberbürgermeisteramt und ich würde mir von Ihnen jetzt wünschen, dass Sie zunächst mal als Einstieg ihre Vorstellungen von Verkehrspolitik darstellen. Im Allgemeinen aber auch insbesondere im Hinblick auf die Kölner Klimaziele. 

Volker Görzel: Verkehrspolitik muss dem Bürger dienen, muss für den Kölner oder die Kölnerin da sein. Verkehrspolitik ist keine Ideologie, sondern sie muss den Bürgern nutzen. Deswegen müssen wir uns genau anschauen, welche Bedürfnisse haben die Kölnerinnen und Kölner bei Verkehrsthemen. Es gibt Kölnerinnen und Kölner wie hier in der Innenstadt, die brauchen kein Auto. Die brauchen keine U-Bahn, die fahren mit dem Fahrrad oder gehen zu Fuß. Es gibt allerdings auch Kölnerinnen und Kölner – zum Beispiel, die in Dünnwald wohnen oder in Fühlingen oder wie ich in Longerich.

Die sind zwingend und dringend auf ein Auto oder auf ein Motorrad oder auf die KVB angewiesen. Das heißt wir haben hier in Köln die Situation, dass sie ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben, und wir müssen passgenau für die unterschiedlichen Bedürfnisse unsere Verkehrspolitik oder Verkehrssteuerung vornehmen. 

Schmidt: Und wenn wir mal aufs Klimaziel schauen. Was müssen wir tun, um im Verkehrssektor auch klimaneutral zu werden? 

Görzel: Naja, es gibt die unterschiedlichsten Ansätze. Selbstverständlich ist eine CO2 Reduzierung im Vordergrund. Da hilft natürlich das Fußgängergehen, da hilft das Fahrradfahren, da hilft gegebenenfalls die E Mobilität. Auch hier gibt es nicht die eine einzige Lösung. Sondern wir müssen generell schauen, dass wir  COreduzieren und unsere Klimaziele hier in Köln erreichen. 

Schmidt: Sie haben jetzt so Ihre Vorstellung umrissen, mit welchen Maßnahmen, mit welchen Möglichkeiten und welchen Mitteln erreichen Sie diese Ziele?

Görzel: Die Maßnahmen sind natürlich vielfältig. Wir sind ja hier in der Kölner Innenstadt. Ich persönlich bin Anlieger auf den Ringen und ich muss gestehen, ich war ursprünglich bei dem Konzept Ringe frei – als das vor 10 bis 15 Jahren anfing – eher skeptisch. Inzwischen muss ich gestehen, nutze ich es selber fast täglich, ich fahre selber 5000 kilometer Rad pro Jahr und bin jetzt mit dem E Scooter hier. Also sie sehen auch die unterschiedlichen Mixe sind erforderlich und ich denke, wir müssen da passgenaue Lösungen finden, wo es sinnvoll ist. Ich finde die Lösung auf den Ringen Klasse. An anderer Stelle bin ich da etwas zurückhaltend, da blinkt so gelegentlich mal ein wenig Ideologie durch und das finde ich schwierig. 

Schmidt: Sie meinen jetzt bei den Parkplätzen? 

Görzel: Genau, zum Beispiel bei den Parkplätzen. Es gibt ja hier in der Innenstadt eine Diskussion in den letzten ein, zwei Wochen… Pantaleonsviertel, hier 500 Meter weg, dass da die Parkplätze weggenommen wurden seitens der Verwaltung. Inzwischen wissen wir, die Feuerwehr hat überhaupt nicht angeraten, dass die Parkplätze weg sollen wegen der Rettungsfahrzeuge. Das ist aus meiner Sicht ideologisch mit betrieben und dient eben nicht den Bedürfnissen… 

Schmidt: Aber die Feuerwehr ist doch keine Ideologie.

Görzel: Nein, die Feuerwehr sagt ja auch gar nicht, wir brauchen die Breite, das stimmt nicht. Rufen Sie bitte bei der Feuerwehr an.

Schmidt: Es gibt verschiedene Meinungen dazu… Aber es gab von ihnen als Lösungsansatz in Social Media den Vorschlag, dass man das mit Markierungen lösen könnte. Ich habe das nicht verstanden, 

Görzel: Ja, selbstverständlich, Markierungen. Wenn sie da aus dem Fenster schauen, sehen Sie Markierungen und dann kann man auf dem Boden, wie man es auch hier sieht, entsprechende Boxen markieren., 

Schmidt: Aber dadurch wird es ja nicht breiter.

Görzel: Aber dadurch stellt man sicher, dass die Breite eingehalten wird, dass der Abstand gewahrt wird. 

Im Übrigen habe ich heute das Glück, wir hatten gestern Hauptausschuss der Stadt Köln und es wurde genau dieses Thema diskutiert und es wurde sehr deutlich, dass die Feuerwehr mitnichten darauf gedrängt hat, dass hier die Parkplätze weggeräumt werden. Das ist ein vorgeschobenes Argument und genau das meine ich und das spüren die Leute auch ganz genau. Die Leute spüren, ist eine Maßnahme sinnvoll oder ist eine Maßnahme erzieherisch getrieben. Und das ist genau das, was ich eingangs ansprach: Verkehrspolitik muss dem Bürger dienen dem Kölner. Die Kölnerinnen und Kölner erwarten Lösungen und keine Probleme.

Schmidt: Da muss ich ihnen jetzt sagen, wenn Parkplätze wegfallen, für mich als Radfahrer, mir dient das. Weil es mir mehr Sicherheit bringt.

Die nächste Frage ist: Wie unterscheidet sich ihr Programm von dem ihrer Vorgängerin? Was lief aus ihrer Sicht gut? Was lief aus ihrer Sicht vielleicht auch schlecht? Welche besonderen Akzente werden sie setzen? 

Görzel: Die Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister hat bei Verkehrsthemen zugegebenermaßen wenig Einflussmöglichkeiten. Das alles entscheidet der Rat der Stadt Köln und wir sind uns alle einig, in den letzten zehn Jahren unter der Mehrheit von CDU und Grünen ist viel zu wenig passiert. Wenn selbst die grüne Fraktionschefin sagt: „Unser größter Erfolg sind einige Kilometer Fahrradstreifen“, dann ist das zu wenig ambitioniert.

Wir müssen also gemeinsam daran arbeiten, dass wir die verschiedenen Verkehrsträger in Köln miteinander versöhnen. Denn wir erleben ja tagtäglich, insbesondere hier in der Innenstadt, durch mehr Räume für verschiedene Verkehrsträger, dass auch eine Konkurrenz der Verkehrsträger auftritt. Hier sehe ich eine Möglichkeit, um zu sagen: „Klar, wir müssen klare Regeln schaffen für E Scooter, für Fahrradfahrer, für Fußgänger. Und vor allem mehr Respekt vor dem jeweils anderen Verkehrsträger.“ Das ist auch so eine Kölner Eigenart, die mir jeder sagt, der Mal in einer anderen Stadt war. Gerade in Köln geht es oftmals auf den Straßen sehr ruppig zu. Jeder wähnt sich im Recht, und das ist auch ein Stück weit mentale Verwahrlosung.

Christoph Schmidt lacht über den Begriff „mentale Verwahrlosung“.

Görzel: Ja, sie lachen ja, aber es hat was mit, auch Verwahrlosung insgesamt zu tun. 

Schmidt: Das ist aber in Berlin ähnlich.

Görzel: Ja Berlin und Köln sind in manchen Dingen auch mental ähnlich. Also es ist ein Bisschen diese Respektlosigkeit. Dieser Quadratmeter Straße gehört mir, und alle anderen haben sich unterzuordnen, das ist kein Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft, und den müssen wir auch bei den verschiedenen Verkehrsträgern wieder gewinnen. 

Weder hat der Autofahrer auf den Fahrradfahrer zu schimpfen, noch darf der Fahrradfahrer bei Rot über die Ampel, wenn der Fußgänger gleichzeitig da steht. Und das ist ein Kölner Spezifikum. Und das ist eine Frage, die kann ein Stadtoberhaupt, die Stadtspitze durch Haltung und durch eine gewisse mentale Vorgabe auch Steuern.

Schmidt: Ich glaube, Rotlicht ist eher ein Auto-Thema hier in Köln. Aber… 

Görzel: Na das ist ganz anders. 

Schmidt: Also es gibt Statistiken, Polizeistatistiken, 80% der Rotlicht.. 

Görzel: Ich würde sie gerne mal morgens kommen… 

Schmidt: Ja dass rot gefahren wird und gelaufen wird und gefahren wird mit allen Fahrzeugtypen, das sehe ich ein. Aber 80% der Rotlichtunfälle sind von Kfz verursacht 10% von Fußgängern, 10% von Fahrradfahrern in Köln. 

Jetzt sagten sie es ist viel zu wenig gelaufen. Aus meiner Perspektive ist in der Innenstadt schon recht gut was vorangegangen. Aber wie bringen wir der Verwaltung bei, dass es noch acht weitere Stadtbezirke gibt? 

Görzel: Naja, ich muss der Verwaltung gar nichts beibringen, denn die Verwaltung muss von alleine die Bedürfnisse der Kölnerin und Kölnerin erkennen. Noch mal: Die Bedürfnisse eines 65-jährigen Senioren in Köln Dünnwald sind ganz andere als die eines hippen Einwohners irgendwo am Eigelstein. Das heißt, wir müssen gar nichts anderen aufoktroyieren. Wir müssen umgekehrt schauen, welche Bedürfnisse haben die Bürgerinnen und Bürger vor Ort.

Schmidt: Ja, aber ich kenne genug Menschen., Es gibt eine Kidical Mass in Dünnwald, ich habe Mitglieder im ADFC in Dünnwald, die alle halt auch gerne Fortschritte sehen würden bei sich vor Ort.Vor allen Dingen radpendlerrouten rein in die Stadt und so weiter. 

Görzel: Da gibt es ja auch Entsprechendes, da bin ich ja auch absolut dabei. Ich sagte ja vorhin, ich fahre selber 5000 kilometer Fahrrad im Jahr. Ich bin der größte Anhänger davon, dass es den Radfahrern erleichtert wird. Also nicht, dass hier ein falscher Zungenschlag reinkommt. Dennoch meine ich, dass man die entsprechenden Bedürfnisse sauber gegeneinander abwägen und nicht gegeneinander ausspielen soll. 

Zu dem Thema Pendelrouten oder Netze hier hat ja gerade die vergangene Schwarz-Grüne Mehrheit jämmerlich versagt. Als bekannt wurde, dass die geplanten Radrouten hier aus dem Kölner Westen überhaupt nicht finanzierbar sind. Die waren nicht sauber durchgeplant. Das war auf gut Deutsch ein Rohrkrepierer. Und da möchte ich ansetzen, dass wir den Leuten da draußen auch nicht irgendwelchen Sand in die Augen streuen, nach dem Motto: Wir bauen jetzt die Expressroute von Bergisch Gladbach nach Frechen. Das wird niemals kommen. Wir müssen allerdings weiterhin dafür um Verständnis werben, DASS es punktuelle Änderungen auch im Straßenraum gibt, um eine schnellere Route für Fahrradfahrer einzusetzen. Da bin ich ganz bei ihnen. Da wo nötig, stehe ich dahinter, aber ich bin für eine differenzierte Betrachtung. 

Schmidt: Jetzt haben Sie zum Schluss die Gelegenheit zur schamlosen Selbstvermarktung: Warum sind Sie der beste Oberbürgermeister für die Menschen, die Fahrrad fahren in Köln? 

Görzel: Ja, ich habe es ja eben schon selber erwähnt. Wer mehr als 5000 Kilometer Rad fährt im Jahr, der möge Oberbürgermeister werden. 

Scherz beiseite: Ich selber fahre sehr häufig auch mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zu anderen Terminen. Ich bin überzeugter und leidenschaftlicher Radfahrer und weiß deswegen, dass es klasse ist, wenn mehr Leute Fahrrad fahren, auch unter Gesundheitsgesichtspunkten. Deswegen bin ich glaube ich der einzige der 13 Oberbürgermeisterkandidaten, der sowohl die Radfahrerische Perspektive in seiner DNA trägt und gleichzeitig – jetzt wird es entscheidend: Auch die Verwaltung und die Kölner Politik von innen kennt. Also ich glaube, ich bin der Einzige der beide Seiten zusammenbringen kann. Und deswegen meine ich, kann ich Köln an der Stelle nach vorne bringen. 

Schmidt: Vielen Dank für das Gespräch.

Görzel: Gerne.


Wählen gehen am 14. September!

Bei der Kölner Kommunalwahl werden am 14. September 2025 der Stadtrat und die neun Bezirksvertretungen neu gewählt. Dort fallen auch alle Entscheidungen über die Kölner Radverkehrsinfrastruktur. Außerdem wählen wir an dem Tag ein neues Stadtoberhaupt. Hier ist allerdings eine Stichwahl am 28. September zu erwarten. Schon jetzt könnt ihr Briefwahlunterlagen beantragen oder vor Ort die Direktwahl machen.

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