ADFC fordert wirksame Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen in Köln
Die bundesweiten Unfallzahlen für Radfahrende sind zum Halbjahr wieder einmal angestiegen, auch in Köln sind sie weiter auf einem sehr hohen Niveau.
Christian Hölzel, Vorstand für Radverkehr des ADFC Köln sagt: „Im laufenden Jahr sind bereits fünf Kölner Radfahrer ums Leben gekommen. Angesichts dessen müssen Stadt und Polizei endlich ihr Konzept überdenken. Das Verteilen von Warnwesten und die Werbung für Helme für Fußgänger und Radfahrende sind Zeichen der Kapitulation und können nicht die Lösung der Probleme sein.“
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) arbeitet mit einer sogenannten Maßnahmenhierarchie[1] zur Vermeidung von Unfällen. Demnach sollten nach dem TOP-Prinzip zuerst immer die technischen Maßnahmen (T) umgesetzt werden. Wenn dies nicht ausreicht, sind organisatorische Maßnahmen (O) erforderlich. Erst zuletzt sollen persönlichen Maßnahmen (P) greifen. In Köln konzentriert man sich leider vor allem auf den letzten Punkt und setzt mehr als auf die Vermeidung von Unfallfolgen als von Unfällen.
„Das gemeinsame Ziel sollte es sein, endlich die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer höher zu bewerten, als die Flüssigkeit des Autoverkehrs[2]. Die bisherige allenfalls homöopathische Nutzung der technischen und organisatorischen Maßnahmen reicht nicht aus. Es sind signifikante Investitionen in Personal und Infrastruktur erforderlich, wenn die Unfallzahlen gesenkt und nicht nur verwaltet werden sollen.“ sagt Christoph Schmidt, Vorsitzender des ADFC Köln.
Eine Priorisierung nach der DGUV-Maßnahmenhierarchie und die Nutzung des radverkehrsspezifischen Fachwissens des ADFC durch die städtische Unfallkommission sollten daher selbstverständlich sein.
Technische Maßnahmen
Die Stadt Köln muss ihre Verantwortung durch die Umsetzung von technischen Maßnahmen wahrnehmen, um Gefahren zu vermeiden und vorhandene Gefahren von ungeschützten Verkehrsteilnehmern trennen. Die Kölner Polizei darf nicht aufgeben und sollte dies immer wieder einfordern. Nur wenn die Infrastruktur passt, hat sie eine Chance, dem Chaos Herr zu werden.
Organisatorische Maßnahmen
Auf der organisatorischen Ebene sind beide Behörden gefragt, geltendes Recht umzusetzen und vorhandene Ansätze auszubauen. Durch erheblich mehr unangekündigte Geschwindigkeitskontrollen erwarten wir eine deutliche Absenkung des Gefahrenniveaus für alle, die am Kölner Straßenverkehr teilnehmen. Falschparker, welche schwächere Verkehrsteilnehmer behindern und gefährden, müssen jeden Tag und nicht nur an pressewirksamen Aktionstagen konsequent abgeschleppt werden.
Die Sanktionierung des fehlenden Überholabstands wurde von der Kölner Polizei bereits erfolgreich getestet. Auch hier fordern wir eine tägliche Umsetzung, insbesondere in Erwartung der kommenden StVO-Novelle zum Mindestüberholabstand von 1,5 bzw. 2 Metern.
Auf Seiten der Radfahrenden sollte die Polizei noch konsequenter gegen das Befahren von Gehwegen und von Radwegen in die falsche Richtung vorgehen. Gleichzeitig muss die Stadt Köln aber auch die Ursachen für das Gehwegradeln und Geisterradeln abstellen und beispielsweise sichere Radverkehrsinfrastruktur bauen und die Querung von Straßen erleichtern.
Persönliche Maßnahmen
Wir begrüßen die Informationskampagnen von Stadt und Polizei, beispielsweise zum Überholabstand und zum gefährlichen Falschparken auf Radfahrstreifen. Diese ersetzen aber weder die notwendigen technischen Maßnahmen noch das konsequente Sanktionieren von Fehlverhalten durch deutlich mehr Präsenz auf der Straße.
Weitere Beispiele für wirksame Maßnahmen haben wir auf der nächsten Seite beispielhaft in der DGUV-Maßnahmenhierarchie eingeordnet.
Wirksame Maßnahmen zur Vermeidung von Verkehrsunfällen – Beispiele für die Erhöhung der Sicherheit im Kölner Straßenverkehr
Technische Maßnahmen
- Die Vermeidung der Gefahr sollte immer höchste Priorität haben. Daher fordert der ADFC eine stadtweite Absenkung der Geschwindigkeit auf innerorts max. 30 km/h.
- Bereiche mit einem hohen Aufkommen an Fuß- und Radverkehr sollten physisch auf den Anliegerverkehr beschränkt oder ganz vom motorisierten Durchgangsverkehr befreit werden. Hier eignen sich auch modale Filter, wie z.B. Diagonalsperren.
- Wichtige Durchgangsstraßen können auf 50 km/h ausgelegt werden. Allerdings ist hierzu die Anlage von physisch abgetrennten, sicheren, breiten und gut gewarteten Radwegen oder geschützten Radfahrstreifen sowie ausreichenden Fußgängerüberwegen erforderlich, um eine Trennung von Mensch und Gefahr zu ermöglichen.
- Die Anzahl der Parkplätze im öffentlichen Straßenraum muss deutlich reduziert werden, insbesondere direkt neben Radwegen und -spuren sind Kfz-Parkplätze zu entfernen.
- Kreuzungen müssen nach niederländischem Vorbild u.a. durch getrennte Grünphasen, eine faire Berücksichtigung des Verkehrsflusses aller Verkehrsteilnehmer und großzügig bemessene Wartebereiche für Fußgänger und Radfahrende sicher gestaltet werden.
Organisatorische Maßnahmen
- Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Verkehrsschauen alle 2 Jahre und an Straßen erheblicher Verkehrsbedeutung und Unfallschwerpunkten jedes Jahr.
- Die Einhaltung der Geschwindigkeit, der Rotphasen und des Überholabstands sollte intensiv und unangekündigt mit festen Blitzern und mobilen Teams kontrolliert werden.
- Falschparker, die Fußgänger und Radfahrende behindern und gefährden, müssen grundsätzlich abgeschleppt werden.
- Die Nutzung von Gehwegen durch Radfahrende sowie von Radwegen durch Fußgänger und Geisterradler muss stärker sanktioniert werden.
- Die städtische Unfallkommission benötigt dringend das Fachwissen aus den Fuß- und Radverkehrsverbänden zur Umsetzung weiterer Maßnahmen.
Persönliche Maßnahmen
- Persönliche Schutzausrüstung sollte nur in der Ausnahme erforderlich sein, z.B. in Form von Warnwesten für Straßenwärter, Abschleppdienste und Rettungsdienste.
- Die Verkehrsmoral wird durch die technischen und organisatorischen Maßnahmen bereits deutlich verbessert. Dies kann durch ergänzende Unterweisungen in den Pressemitteilungen der Stadt und Polizei, Infostände, Veranstaltungen, Plakataktionen oder auch durch Aktionsaufkleber auf Streifenwagen unterstützt werden.
[1] vgl. Maßnahmenhierarchie nach DGUV Information 211-005 und TRBS 1111
[2] vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO), Zeile 148
Über den ADFC Köln
Der ADFC ist ein Verband von Radlerinnen und Radlern, die gemeinsam das Ziel verfolgen, den Verkehr fahrrad- und fußgängerfreundlicher zu gestalten. Der ADFC Köln e.V. wurde 1979 gegründet. Inzwischen ist die Mitgliederzahl auf über 5.000 fahrradbegeisterte Radlerinnen und Radler angewachsen. Das Gebiet umfasst die Stadt Köln.