Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.

fahrRAD! 1/2011: Es ist noch alles, wie es war

Diese Ausgabe widmet Sich intensiv dem "Elend des Radfahrens in Köln"

Liebe Leserinnen und Leser,

"Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." Nein, nein, der Satz stammt nicht von mir. Kaiser Wilhelm II. prognostizierte so Anno 1904 die Aussichten des damals neuen Verkehrsmittels. Bekanntlich traf die Prognose nicht zu, und es kam alles ganz anders. Mehr als ein Jahrhundert lang prägte das Automobil unser Leben. Für die vorgebliche Freiheit, jederzeit überall hinfahren zu können, waren wir bereit, einen hohen Preis zu zahlen. Umweltzerstörungen, Zersiedelung der Landschaft und eine hohe Anzahl von Verkehrsopfern - Toten und Verletzten - sind nur ein Teil des Tributes, den wir gezollt haben. Und unser Glück hing dabei am seidenen Faden der ständigen Verfügbarkeit billigen Erdöls. Vorbei! - Immer riskanter wird die Prospektierung neuer Ölvorkommen, der Weltvorrat schrumpft bei steigender Nachfrage. Nun soll es das Elektroauto richten. Das ist technisch aber gar nicht in der Lage, in der Spur des erdölverbrennenden und doch ineffizienten Autos Fahrt aufzunehmen. Es führt also kein Weg daran vorbei: Wir alle müssen über kurz oder lang unser Mobilitätsverhalten ändern. Und viele haben die Zeichen der Zeit bereits erkannt und setzen, zumindest im urbanen Bereich, auf das Fahrrad. Nicht so bei der Kölner Stadtverwaltung. Dort glaubt man weiter an das Pferd, pardon, das Automobil, daran ändert auch die Existenz eines Fahrradbeauftragten im Amt für Straßen und Verkehrstechnik nichts. Bei der geplanten Reduzierung der FreiParkzeit per „Brötchentaste“ an Parkautomaten in bestimmten Straßen der Innenstadt von 20 auf 15 Minuten beispielsweise, wähnten sich Autofahrer bereits am Rande des Zumutbaren. Radfahrer müssen in Köln hingegen besonders hart gesotten sein, wenn sie das, was die Stadt ihnen zumutet, unbeschadet überstehen wollen. Zum Beispiel bei der Farce um die Streupflicht auf der Rodenkirchener Brücke (S. 14), der Nichtberücksichtigung des Radverkehrs beim Hochwasserschutz (S. 18) oder dem Aufbau gefährlicher Hindernisse auf dem Rheinuferradweg…(S.20)

Auf Kölner Straßen starben im vergangenen Jahr sieben Radfahrer bei Verkehrsunfällen, 157 wurden schwer verletzt. Von den sieben Getöteten würden die meisten noch leben, gab die Polizei als Unfallanalyse in der Presse zum Besten, wenn sie denn einen Helm getragen hätten. Servil sekundierte eine auflagenstarke Kölner Tageszeitung mit Hilfe von Eugen Stephan, einem veritablen Professor der Kölner Uni. Das Metier des Mannes: Leiter der Obergutachterstelle des Landes NRW zur Beurteilung der Kraftfahreignung(!). Und per Schlagzeile attestierte er uns prompt: „Radfahrer sind eine besonders problematische Gruppe“. Sehr geehrter Herr Professor Stephan, um es in Abwandlung des Filmtitels von Rosa von Praunheim aus dem Jahr 1971 zu sagen: „Nicht der Radfahrer ist problematisch, sondern die Situation in der er lebt!“. Das tritt bei unserer Unfallanalyse ab Seite 8 deutlich hervor. Und diese Situation nachhaltig zum Vorteil des Radverkehrs zu ändern, scheint in Köln nicht möglich. In Kopenhagen geht man da ganz andere Wege. Dort haben unter anderem seit Jahren Radfahrer vielerorts bei Tempo 20 grüne Welle, werden die Haupteinfallstraßen zu FahrradSchnellstraßen mit einer Fahrspurbreite von vier Metern ausgebaut und beträgt der Anteil des Radverkehrs 37 Prozent! Wir dagegen dümpeln seit Jahr und Tag bei 12 Prozent Radverkehrsanteil. Alle Maßnahmen, die in Köln angestoßen wurden, dies zu ändern, sind bislang nur Stückwerk und entsprechend erfolglos geblieben. Nun könnten Sie meinen, ich sei ein dogmatischer Gegner des Automobils. Das stimmt so nicht! Ich bin für die freie Wahl des jeweils probatesten Verkehrsmittels, das kann hier und da sogar mal das Auto sein. Ich bin aber vehement für einen massiven Ausbau des Verkehrsträgers Fahrrad. Der würde nämlich zur Folge haben, dass der restliche Autoverkehr flüssiger liefe, wir weniger Feinstaub einatmeten, weniger unter Verkehrslärm litten, weniger Verkehrsopfer beklagten, einen Zuwachs an Gesundheit erführen und mehr urbane Lebensqualität gewönnen.

Eine andere (Verkehrs)-Welt ist möglich, da lassen Sie sich mal nichts vom Pferd erzählen!

Herzliche Grüße aus der Feuerwache Ihr Erich Koprowski

Folgende Themen in dieser Ausgabe:

  • Der Glaube ans Pferd

Verkehr

  • Zeichen und Wunder
  • Es ist noch alles wie es war
  • Entschleunigung rettet Leben - Standpunkt
  • Der Widerspenstigen Lähmung - Wie eine simple Anfrage zu einem bizarren Fiasko geriet
  • Vom Elend des Radfahrens in Köln
  • „Störe meine Kreise nicht!“
  • „Für eine fahrradfreundliche Stadt!“- Aufruf zur Sternfahrt 2011
  • Neues aus Köln-Nippes - Planungen zur Umgestaltung der Neusser und der Kempener Str.
  • Bewegte Zeiten - Chronik einer Autokrise
  • „Heute kann es regnen, stürmen oder schneien“ - Aus der Arbeit des Fahrradbeauftragten

Soziale Fahrradprojekte

  • Radstation
  • Zweiradprojekt 180 Grad

ADFC aktiv

  • Klimaschutz in den Alltag holen
  • Eine Schnapsidee kommt ins Rollen - KölnRikscha neues Fördermitglied
  • ADFC - Da simmer dabei!
  • Persönlich: Manfred Braun vorgestellt

Op Jöck

  • Op Jöck in Limburg
  • Die NRW-Radtour
  • Unsere Touren - Ein Wort zuvor
  • Ausflugstipp: Rundfahrt im Burgenland

Kolumne

  • CycoLeaks - Velophilus

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