Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.

Autolobby feiert 15 Jahre Desinformation

Das kölsche Autolobby-Trio aus Stadt Köln, Polizei Köln und ADAC hat die Aktionstage zum sogenannten „Toten Winkel“ wieder aufgenommen. Informationstage zum Einstellen von Spiegeln und zum sicheren Abbiegen gibt es dagegen nach wie vor nicht.

Polizei-LKW mit abgehängtem Spiegel zur Simulation eines "Toten Winkels" © WDR Lokalzeit

Die EU-Richtlinie 2007/38/EG schreibt die Nachrüstung von in der EU zugelassenen Lastkraftwagen über 3,5 Tonnen bis März 2019 mit zusätzlichen Spiegeln vor, die den Bereich direkt vorm Fahrzeug und neben dem Fahrzeug ausleuchten. Zeitgleich startete damals die Autolobby eine Aktion, um den Glauben an großflächige nicht sichtbare Bereiche aufrechtzuerhalten. Dies werten wir als Versuch, die Verantwortung für tödliche Rechtsabbiegeunfälle mit Lkw auf die potenziellen Unfallopfer abzuwälzen.

In den letzten 15 Jahren wurde 2.800 Schulklassen vermittelt, dass es rechts neben dem Lkw eine exakt dreieckige Fläche gibt, die man vom Steuer des Lkw nicht einsehen könne. Um diesen Effekt zu erzielen, werden die seit 15 Jahren vorgeschriebenen zusätzlichen Spiegel verstellt oder meist sogar mit Tüten oder Warnwesten verhängt. Der Lkw wird sozusagen in einen Zulassungszustand von vor 2019 gebracht und dürfte so aus gutem Grund keinen Meter bewegt werden. Selbstverständlich ist dieser Bereich in den Spiegeln eines heute zugelassenen Lkw einzusehen.

Es gibt allerdings große Lücken im Wissen über das richtige Einstellen von Lkw-Spiegeln. Wer seinen Lkw-Führerschein vor mehr als 15 Jahren gemacht hat, hat die Einstellung der zusätzlichen Spiegel nicht in der Fahrschule gelernt, und auch heute wird das Thema nicht in ausreichendem Maße geschult. Auch wenn es mittlerweile Teil der regelmäßigen Berufskraftfahrer-Fortbildung sein sollte, sieht die Realität leider häufig anders aus. Die Polizei hat leider in den letzten 15 Jahren zu keinem einzigen Zeitpunkt die Zeit gefunden, sich um dieses Thema zu kümmern. Es gibt keine Aktionen der Polizei der Polizei mit Lkw-Fahrenden, keine Kontrolle der Spiegel-Einstellungen und auch das seit ein paar Jahren vorgeschriebene Abbiegen in Schrittgeschwindigkeit wird nicht überprüft oder gar sanktioniert.

Der ADFC Köln hat mithilfe seiner Mitglieder eine Spiegeleinstellplane beschafft und der Kölner Polizei kostenlos als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Aktiv genutzt wird diese nur bei Aktionen, bei denen wir es explizit einfordern. Die Plane wurde von der BG Verkehr, der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft, entwickelt. Die BG Verkehr kümmert sich – anders als die Aktionspartner der kölschen Schulaktionen – aktiv um die Unfallprävention und geht mit der Plane in die Logistikzentren, erstellt Konzepte zur richtigen Spiegeleinstellung und zum sicheren Abbiegen. So werden Lkw-Fahrende in die Lage versetzt, Unfälle mit ungeschützten Verkehrsteilnehmenden besser zu verhindern. Das in Köln durchgeführte Konzept nutzt die BG Verkehr seit zwei Jahrzehnten nicht mehr.

Doch es gibt auch in Köln positive Entwicklungen: Auf den städtischen Bauhöfen und den Betriebshöfen der AWB gibt es mittlerweile Spiegeleinstellplätze, wie sie eigentlich auf jedem Betriebshof, in jedem Logistikzentrum und an jeder der knapp zwanzig wesentlichen Einfallstraßen Kölns vorhanden sein müssten. Und die AWB geht auch bei den kommunalen Unternehmen vorbildlich voran mit einem Kamerasystem, welches den Mitarbeitenden das eigene Fahrzeug und dessen Umgebung aus der Vogelperspektive zeigt.

Es ist an der Zeit, das aktuelle Desinformationskonzept zu überdenken und statt Autolobby-Propaganda das eigene Konzept dem aktuellen technischen und rechtlichen Stand anzupassen.

Es ist an der Zeit, endlich diejenigen zu informieren und zu schulen, die ungeschützte Menschen zu Fuß uns auf dem Rad mit ihren schweren Nutzfahrzeugen gefährden. Es ist an der Zeit, die Einstellung der Spiegel und das Abbiegen in Schrittgeschwindigkeit einzufordern, zu kontrollieren und zu sanktionieren. Es ist an der Zeit, Schülerinnen und Schüler besser zu informieren über die Gefahren, die zweifelsohne von Lkw ausgehen. Es ist offensichtlich auch an der Zeit, neues Personal mit diesen Aufgaben zu betrauen.


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