Mit dem Rad zur Arbeit in Köln
Wer sich nach vielen Jahren Radabstinenz in Köln anschickt, regelmäßig mit dem Rad zur Arbeit und zu Terminen in der Innenstadt zu fahren, erlebt sein blaues Wunder.
Als Jugendlicher bin ich viele Jahre mit dem Rad zur Schule gefahren. Das waren nur zwei Kilometer über Feldwege, zwei kleinere Straßen mussten gequert werden. Allerdings fuhr ich bei fast jedem Wetter.
Heute wohne ich in Zollstock und arbeite in Porz-Eil. Die ÖPNV-Verbindung ist schlecht – man fährt erst in die Innenstadt, von dort in den rechtsrheinischen Süden. Dauert im besten Fall über eine Stunde, bei zweimaligem Umsteigen. Für knappe 10 km Luftlinie….
Mit dem Auto – und ich fahre zugegebenermaßen gerne Auto – sieht es etwas besser aus. Über Bonner Straße und A4-A559 ist man in 20 Minuten am Arbeitsplatz. Wenn nur die Staus nicht wären. Statt 20 Minuten dauert es morgens oft auch 30 bis 40 Minuten (wenn man früh losfährt). Zum Feierabend hin ist aber so gut wie immer Stau auf der Rodenkirchener Brücke, so dass ich dann gerne auch 45 bis 60 Minuten unterwegs bin.[clearboth]
Also habe ich mich entschlossen, öfter mal mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Die Strecke ist ganz schön, 8 km am Rheinufer entlang. Dauert meist nur 35 Minuten. Man ist ein bisschen eins mit der Natur und kommt entspannt und fröhlich am Arbeitsplatz an. Mit dem neuen Pedelec macht auch Gegenwind nichts mehr aus, und den gibt es am Rhein reichlich. Bei schönem Wetter teilt man sich den Weg mit vielen Fußgängern, Kinderwagen, Rollis, Radfahrern, Hunden… das kann ein bisschen nerven. Zumal meist die Kollegen auf den Rennrädern eher robust unterwegs sind und beim Slalomfahren zwischen den anderen Verkehrsteilnehmern hindurch auch schon mal in Kauf nehmen, dass es knapper wird als angenehm ist.
Auch der „Anstieg“ auf die Rodenkirchener Brücke ist problemlos dank Elektro-Unterstützung. Nervig sind dann noch die Überquerungen der Rheinuferstrasse (2 mal) und der Bonner Straße. Hier bleiben oft einige Minuten auf der Strecke. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: am Fuß der Brücke darauf zu warten, dass einen die Autofahrer rüberlassen (es gibt dort nämlich keinen Überweg), oder an der roten Ampel auf Höhe der Haltestelle Bayenthalgürtel, wenn man die letzte Grünphase gerade verpasst hat.
Was aber wirklich nervt, ist die schlechte Qualität der Radwege entlang des Gürtels. Loch an Loch, nicht breit genug, schlecht ausgeschildert, mal gelten die Fußgängerampeln auch für Fahrräder, dann wieder nicht… Wenn dann mal Abschnitte ausgebessert werden, geschieht das nicht großräumig, sondern auf Teilstücken von 7 bis 8 Metern. Ätzend.
Egal. Bis jetzt bin ich dieses Jahr schon ca. 600 km mit dem Rad gefahren und habe festgestellt – es tut ja gar nicht weh. Auch bei Regen fahre ich manchmal (ist eine Frage der Kleidung, habe ich gemerkt). Und ich fahre jetzt auch zu Terminen in der Innenstadt immer öfter mit dem Rad.
Das ist allerdings nicht mehr so spaßig. Die Beschilderung kann man komplett in die Tonne kloppen. Wer sich nicht auskennt, ist verloren. Wenn man zum Beispiel über die Mülheimer Brücke (Südseite) nach Mülheim fährt, sieht man drei Brückenabgänge mit Treppen, keine einzige Rampe für Räder. Der Weg um ans Rheinufer zu kommen ist nicht oder nicht ausreichend ausgeschildert; ich jedenfalls habe ihn nicht ohne weiteres gefunden.
Was sich innerorts „Radweg“ schimpft, hat oft allerhöchstens eine Alibifunktion und ist nicht selten eine echte Gefahr für Radler. Maßnahmen, die nicht zu Ende gedacht sind (wie der Schutzstreifen auf der Vorgebirgsstraße), lange Wartezeiten an Ampeln und häufig unklare Verkehrsführung machen das Radfahren anstrengend und gefährlich.
Ich sehe viele Initiativen, die das Radfahren voranbringen wollen. Aber für die Stadt Köln scheint mir ein ganzheitliches Konzept dafür zu fehlen. Oder ist es der Wille der politisch Verantwortlichen, an dem es mangelt?
Ich habe jedenfalls Gefallen daran gefunden, nachmittags am Stau auf der A4 vorbeizuradeln und in der Innenstadt nicht mehr nach einem Parkplatz fürs Auto suchen zu müssen. Die Spritrechnung hat sich mehr als halbiert, und ich bin fitter geworden.
Autor: Andreas Mika
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