Bürgerinformationsveranstaltung zum Umbau der Neusser Strasse in Köln Nippes
Die Radverkehrsgruppe des ADFC Köln war bei der Bürgerinformationsveranstaltung mit drei Personen anwesend und hat konstruktiv mit den BürgerInnen, Anwohnern und dem Amt für Straßen und Verlehrstechnik die vorgestellten Planungen diskutiert.
Der Ist-Zustand
Aktuell finden BürgerInnen, die Rad fahren, einen Schutzstreifen von max. 1,50m Breite vor. Diese Maße sind jedoch die Ausnahme: Zumeist verläuft er mitten in der Türzone der Autos und ist weitaus schmaler. An Kreuzungen wird der eine Fahrstreifen dann zu Lasten des Schutzstreifens aufgeweitet, sodass zwei KFZ nebeneinander Platz finden.
Stündlich wird der Schutzstreifen auch durch KFZ und Lieferwagen zugeparkt. Infolgedessen entsteht für Radfahrende (und alle anderen Verkehrsteilnehmer) eine mehr als unübersichtliche Gesamtsituation. Dies alles bei einem angeordneten Tempo von 50 km/h!
In den letzten 4 Jahren (2013-2016) ereigneten sich auf der gesamten Neusser Straße über 200 Unfälle mit Radfahrern. Hierbei gab es über 150 Verletzte, davon 20 schwer. Die Dunkelziffer liegt weitaus höher.
Laut Stadtverwaltung befahren im Durchschnitt 12.000 KFZ (DTV) die Straße. Die letze Zählung des Radverkehrsanteils – datiert aus dem Jahr 2008 – betrug also vor gut 10 Jahren 2500 Räder.
Anhand dieser Datenlage ist es nicht verwunderlich, dass Kinder und Jugendliche die Straße aktuell nur sehr gering mit dem Fahrrad befahren, obgleich sechs Schulen in unmittelbarer Nähe zur Neusser Straße liegen.
Die Planungen der Stadt Köln
Für den Radverkehr sollen hier “Schutzstreifen” von nur 1,5 Metern Breite markiert werden. Zwischen dem “Schutzstreifen” und den Längsparkplätzen befindet sich ein Sicherheitstrennstreifen von lediglich 0,5 Metern. Das ist gerade noch rechtskonform, aber alles nicht gut.
Da die Parkplätze jedoch in der Breite maximal auf schmale Fahrzeuge aus den 80er Jahren ausgelegt sind, ist zu erwarten, dass der Sicherheitstrennstreifen wie in allen anderen Straßen mit derartigen Markierungen komplett von den parkenden Autos mitbenutzt werden wird. Dies wird vom Kölner Ordnungsamt durchgehend akzeptiert und geduldet, denn man komme ja noch dran vorbei. Damit wird sich der Radverkehr komplett in der gefährlichen Dooring-Zone bewegen. Außerdem ragen die Gullideckel der Straßenentwässerung in den Schutzstreifen herein.
Die Umgestaltung sieht zudem eine Anordnung von durchgängigem Tempo 30 vor. Unterbrochen wird diese Form der Verkehrsführung durch zwei Mischverkehrsflächen, die sich durch Grauwacke optisch von der Fahrbahn abgrenzen, jedoch verkehrsrechtlich einer normalen Straße gleichgesetzt sind.
Kritik
Auf der Bürgerinformationsveranstaltung am 18.05.2017 wurden diese Pläne seitens der Stadt erläutert. Die anwesenden Bürger (30-50 Personen) kritisierten die Pläne der Verwaltung als veraltet, da zum einen die aufgeführten Geschäfte bereits gewechselt haben. Zum anderen wurde bemängelt, dass insbesondere die Radinfrastruktur für den Status Quo konzipiert wurde. Es wurden lediglich ein paar Zentimeter mehr eingeplant, außerdem wird es zahlreiche Abstellanlagen geben und auch Tempo 30 kommt den Radfahrenden zugute, im Großen und Ganzen jedoch gibt es keine Verbesserungen.
Die Bürger bei der Informationsveranstaltung sprachen von unrealistischen Zukunftsaussichten. Mit einer solchen Infrastruktur werde scheinbar nicht mit höherem Radverkehrsanteil gerechnet. Und seine Kinder werden dort sicher nicht mit dem Rad zur Schule fahren, so ein Vater.
Es sei schön, dass den Fußgängern mehr Raum zugestanden werde, warum dies nicht auch für den Radverkehr gelte, fragte ein anderer Bürger. So wäre es doch vorstellbar, auf ein „Multifunktionsband“ (Parkplätze, Lieferzone, Fahrradabstellplätze, Gastrofläche) zu verzichten und den gewonnenen Platz (2m) für eine separate Infrastruktur zu nutzen, auf der alle von 8-80 Jahren Rad fahren würden. Ein weiterer Vorschlag war die Neusser Str. gleich zu einer Einbahnstraße zu machen und die parallel verlaufende Niehler Str ausschließlich für die Gegenrichtung zu öffnen.
Fazit
Angesichts der beschriebenen Umstände, der Planungen der Stadt und der Anregungen seitens der BürgerInnen stellen sich uns folgende Fragen:
Wie kann eine Umbaumaßnahme basierend auf 10 Jahre alten Radverkehrszahlen geplant werden?
Wie begründet die Stadtverwaltung ihre Planungen hinsichtlich des Strategiepapiers Köln mobil 2025? (s.a. Ausschuss für Beschwerde und Anregungen der Stadt Köln: “Bei allen umsetzungsreifen Planungen wird die Verwaltung gebeten darzustellen, inwieweit die Ziele von Köln mobil 2025 durch diese Planungen erreicht werden können.”)
Wie hoch soll demnach der Anteil des Radverkehrs und des MIVs im Jahr 2025 auf der Neusser Straße sein?
Demnach fordern wir
- 2,0m breite Radwege auf der Fahrbahn je Richtung, die durch eine Bordsteinkante oder Begrünung vom Rest der Fahrbahn getrennt und individuell leicht anzupassen ist. Diese Form der Verkehrsführung würde dazu führen, dass BürgerInnen aller Altersschichten mit dem Fahrrad die Hauptverkehrsachse nutzen würden.
Bei dem angegebenen Verkehrsaufkommen reichen, gemäß der Leitlinien des ADFC und in Anbetracht der hohen Unfallzahlen, Schutz- oder Radfahrstreifen nicht aus (Leitlinien Fahrradinfrastruktur ADFC) - Sollte dies politisch nicht gewollt sein, müssen zumindest die Schutzstreifen in Radfahrstreifen umgewandelt und deren Breite auf 2,0m erweitert werden. Diese Breiten sind exklusiv der Entwässerung zu planen. Ebenso dürfen keine Gullideckel im Bereich der Radfahrstreifen liegen.
- Darüber hinaus sollten die Breiten der Parkbuchten überdacht werden, da diese mit 2,0m für heutige SUVs (2,3m) bereits zu klein sind und so den Sicherheitsbereich der Tür amortisieren.
- Die Aufweitung der Fahrbahnen an den Kreuzungen ist zu unterlassen.
- Eine durchgängige Markierung an allen Kreuzungen Mittelstreifen und Bushaltestellen ist umzusetzen.
- Die Fahrbahnbreite im Kreisverkehr von 6,0m + 2,0m ist zu verringern, um gefährliche Überholmanöver im Kreisverkehr und ein Passieren ohne große Lenkbewegung zu unterbinden. (s.a. Kreisverkehr soll sicherer werden)
- Neben normalen Radabstellanlagen müssen auch solche für Lastenräder und Rad-Anhänger geschaffen werden.
Autoren: Daniel Mörchen, Lisa Schlömer