Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.

Kundgebung vor der Pforzheimer Staatsanwaltschaft

Das Öffentliche Interesse ist da!

Auf einer Kundgebung für den als Natenom bekannten Fahrradaktivisten Andreas Mandalka in Pforzheim hat Christoph Schmidt, Mitglied des ADFC Bundesvorstands und Kölner ADFC-Vorsitzender, in seiner Rede das Verhalten der Behörden scharf kritisiert.

Mobilität für Alle

  • Seit Jahrzehnten streiten wir für eine Gleichberechtigung des Fahrrads gegenüber dem Automobil.
  • Seit Jahrzehnten wollen wir eine Infrastruktur in der Qualität der automobilen Infrastruktur.
  • Seit Jahrzehnten kämpfen wir für Verkehrssicherheit für die aktive Mobilität.
  • Seit Jahrzehnten setzen wir uns für direkte Wege mit dem Fahrrad ein.

Seit Jahrzehnten wird uns das alles als grüne Ideologie ausgelegt.

  • Seit über 100 Jahren wird aber der Öffentliche Raum mit immer mehr Straßen asphaltiert.
  • Seit 90 Jahren wird die Vorherrschaft des Automobils in Gesetzen abgesichert.
  • Immer mehr Menschen kaufen immer mehr und immer größere Autos.
  • Immer mehr Platz im Öffentlichen Raum wird von fahrenden und vor allem parkenden Autos belegt.

Das alles ist aber aus Sicht der fossilen Parteien und weiter Teile der Bevölkerung keine Ideologie.

Es wird Zeit, dass wir es deutlich sagen:

  • Wir wollen Mobilität für Alle, wir wollen eine Verkehrspolitik ohne Ideologie!
  • Wir wollen lebenswerte Städte für die Menschen, die in ihnen leben.
  • Wir wollen die Chancen des Radverkehrs nutzen. Auch hier im ländlicheren Raum.
  • Wir wollen nicht gegen den Fußverkehr ausgespielt werden.
  • Wir wollen, dass sich Menschen sicher und angstfrei mit dem Rad bewegen können.
  • Wir wollen die eigenständige Fortbewegung unserer Kinder und Jugendlichen erhalten.
  • Wir wollen auch Menschen, die nicht Auto fahren, egal ob sie es nicht können oder nicht wollen, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

Und auch wenn es uns häufig vorgeworfen wird:

  • Wir machen keine Anti-Auto-Maßnahmen zum Selbstzweck.
  • Wir machen keine Ideologie.
  • Wir kämpfen lediglich für Mobilität für Alle.

Deshalb fordern wir vom Bund und den Ländern:

  • Das Straßenverkehrsrecht muss endlich ins 21. Jahrhundert geholt werden.
  • Und auch der Bußgeldkatalog darf enges Überholen nicht mit 30 Euro Ordnungswidrigkeit abspeisen.
  • Wir brauchen durchgängige Radverkehrsnetze in der Qualität der heute primär aufs Automobil ausgerichteten Infrastruktur.
  • Und da, wo es diese nicht gibt, muss die Geschwindigkeit deutlich begrenzt werden.

Wir fordern von den Polizeibehörden im ganzen Land:

Schützt endlich die schwächeren Verkehrsteilnehmer, statt Straßenverkehr ausschließlich durch die Windschutzscheiben Eurer Streifenwagen zu betrachten.

Dazu gehört selbstverständlich die Kommunikation und Durchsetzung der geltenden Regeln der StVO, statt der Erfindung eigener.

  • Ich erinnere hier gerne an den §2, denn auch auf der Straße zwischen Neuhausen und Schellbronn darf man mit dem Fahrrad fahren.
  • Ebenso sind die entscheidenden Sätze aus §3 durchzusetzen, denn es gilt immer und überall die angepasste Geschwindigkeit, damit man im Falle des Falles rechtzeitig bremsen kann. Die Höchstgeschwindigkeit gilt nur unter optimalen Bedingungen. Wann hat eine Polizeibehörde das jemals genau so kommuniziert?
  • Und natürlich haben wir seit einigen Jahren den Überholabstand in §5 geregelt. Die zwei Meter außerorts gelten übrigens auch für von Natenom dokumentierte Überholvorgänge von Polizeifahrzeugen!

Stattdessen sieht die Polizei das Problem nicht in der motorisierten Gewalt, die nicht nur Andreas hier ständig erleben musste, sondern wir alle täglich erleben und oft nur knapp überleben. Die Polizei nimmt Anzeigen nicht auf und entscheidet willkürlich diese nicht zu verfolgen. In anderen Fällen finden Bußgeldstellen Radfahrende nicht schützenswert, weil die Gefahr zu abstrakt und der Aufwand für nur 30 Euro Bußgeld zu hoch sei.

Man stelle sich einmal vor, in einem Fall wäre eine Schusswaffe anstelle eines Automobils als Tatwaffe verwendet worden. Wäre folgender Dialog in einer Polizeidienststelle denkbar?

„Auf mich wurde mit einer Schusswaffe geschossen.“
„Wurden Sie getroffen?“
„Nein, die Kugel ging wenige cm an meinem Kopf vorbei.“
„Gibt es einen Sachschaden zu beklagen?“
„Ähm. Nein?“
„Mussten Sie ausweichen?“
„Nein, ich hatte Glück. Der Schütze hat knapp danebengeschossen.“
„Dann ist ja nichts passiert. Einen schönen Tag noch.“

Genau das ist aber im Falle motorisierter Gewalt Alltag.

Kommt ein Fall aber mal zur Staatsanwaltschaft, sieht die meist kein öffentliches Interesse. Fast jede Anzeige wird deswegen eingestellt.

Wir sehen aber hier auf dieser Demo: Das öffentliche Interesse ist da.

Wir SIND das öffentliche Interesse!

Natenoms Blog

Website von Andreas Mandalka

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