Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.

Es war einmal ein Radverkehrskonzept für Köln?

Von der Umsetzung des Radverkehrskonzepts Innenstadt ist in Köln noch nicht viel zu sehen. Stattdessen gibt es zahlreiche Projekte, die nicht im Sinne des Radverkehrs verlaufen.

Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch an das Radverkehrskonzept Innenstadt (RVKI). Ende 2013 wurden externe Ingenieurbüros mit dessen Erstellung beauftragt, in den Jahren 2014 und 2015 beteiligten sich Politik, Verwaltung, Interessenverbände und Bürger intensiv an der Erstellung. Das Konzept wurde beschlossen, die notwendigen Stellen im Amt 66 wurden geschaffen und teilweise bereits besetzt.

Doch was sehen wir in der Praxis vom Radverkehrskonzept bislang? Konkrete, umsetzungsfertige Detailpläne liegen nicht vor, geschweige denn sind Maßnahmen aus dem Konzept bereits realisiert. Seit Ende 2015 wurde die Öffentlichkeit nicht mehr über den weiteren Fortschritt informiert, obwohl die regelmäßige Bürgerinformation vereinbart war. Stattdessen gibt es viele fragwürdige Maßnahmen in der Innenstadt und im weiteren Stadtgebiet.

Aktuelle Umsetzungen in Köln

  • Auf der Leverkusener Brücke verpasste es die Stadt, den Bedarf für eine Fahrradquerung in Radschnellwegequalität frühzeitig anzumelden.
  • Auf der Mülheimer Brücke wird es auch nach der Sanierung nur einen schmalen gemeinsamen Geh- und Radweg geben. Somit ist die Möglichkeit eines durchgängigen Radschnellwegs von Mülheim über Nippes nach Ehrenfeld auf die nächsten Jahrzehnte verbaut.
  • Auf der vom Auto- und Schwerlastverkehr gebeutelten Zoobrücke wird die Sanierung einzig zulasten des Fuß- und Radverkehrs durchgeführt. Radfahrer werden über Monate auf den Gehweg verbannt, während der Kfz-Verkehr keinerlei Einschränkungen bekommt.
  • Die politisch beschlossene Rampe von der Hohenzollernbrücke zum Breslauer Platz wird weiterhin von der Verwaltung nicht umgesetzt und zuletzt in der Presse torpediert.
  • Die freilaufenden Rechtsabbieger an der Unfallkreuzung Aachener Straße / Universitätsstraße / Innere Kanalstraße werden weiterhin trotz politischen Beschlusses nicht abgebaut.
  • Gleichzeitig wird gemeinsam mit dem Land NRW ein neues Autobahnkreuz Köln-Sülz an der Kreuzung Luxemburger Straße / Militärring gebaut, bei dem der Radverkehr nicht berücksichtigt wird.
  • Am Hansaring wurde das RVKI bei der Sanierung nicht berücksichtigt und stattdessen eine schmale, vom Kfz-Verkehr komplett mitgenutzten Radspur eingerichtet, die man eher als Gefährdungsstreifen bezeichnen muss.
  • In der Trankgasse wurde dem Autoverkehr mehr Raum eingeräumt und die im RVKI für das gelbe Netz geplante Radverkehrsinfrastruktur im Trankgassentunnel vergessen.
  • Die Achse Am Domhof / Johannisstraße sollte im grünen Rad-Vorrang-Netz eine Hauptroute für die Nord-Süd-Verbindung durch die Innenstadt und zur Erschließung des Hauptbahnhofs werden, allerdings wurden die Abbiegebeziehungen zunächst vergessen und entsprechende Bürgereingaben dann ignoriert und Änderungsanträge abgelehnt.
  • Das Rheinufer wurde entgegen dem RVKI nicht entrümpelt, sondern an Engstellen weiter verengt.
  • Die (positive!) Öffnung der Fußgängerzonen zwischen 20 Uhr und 11 Uhr wird als die neue Nord-Süd-Verbindung vermarktet, statt eine wirkliche Alternative zu schaffen.
  • Die zur Umsetzung bis Ende 2016 zugesagte Fahrbahnfreigabe und die Tempo-30-Einrichtung an den Ringen verzögert sich weiter, die weiteren Punkte aus unserem 10-Punkte-Plan für die Kölner Ringe werden bislang nicht einmal ernsthaft diskutiert und die Initiative #RingFrei weiterhin hingehalten.
  • Die Maastrichter Straße, ebenfalls eine Straße im grünen Rad-Vorrang-Netz, wurde umgestaltet, in der Bauphase standen über längere Zeit Gullideckel einige Zentimeter heraus und bildeten gefährliche Sturzquellen. Die geplanten Radabstellanlagen fehlten zunächst, während Autoparkplätze schon während des Umbaus bereitstanden.
  • Das Ordnungsamt findet weiterhin nicht einmal drei Radwegparker pro Tag in ganz Köln, obwohl die Radwege in der ganzen Stadt zugeparkt sind.
  • Jeder Bürger sieht Schrotträder in den Radabstellanlagen, nur die zuständigen Verwaltungsmitarbeiter sind nicht in der Lage, diese zu erkennen.
  • An Baustellen wird der Radverkehr kaum berücksichtigt. Noch immer gibt es das berühmte Schild “Radfahrer absteigen” und Radwege enden ohne sichere Überleitung auf die Fahrbahn im Nichts.
  • Die Radwege werden viel zu selten von Scherben, Schmutz, Müll, Laub und Schnee befreit.
  • Die Bürgervorschläge aus dem Stadtradeln RADar werden – sofern sie überhaupt beantwortet werden – meist nicht wirklich abgearbeitet. Und auch die demokratisch ermittelten Wünsche im Rahmen des Kölner Bürgerhaushalts werden von der Verwaltung in der Regel mit teils absurden, teils kreativen Begründungen abgelehnt.
  • Im ganzen Stadtgebiet wird weiter gerast und Radfahrende werden von schnellen Autos und Motorrädern getötet. Allein dieses Jahr gibt es schon wieder zwei neue Orte, die wir im Rahmen des Ride of Silence besuchen müssen. An beiden Stellen gab es schon ähnliche Unfälle mit gleichem Ausgang. Passiert ist nichts.
  • Aktuell entnehmen wir der Presse, dass die Verwaltung nun plant, den Verkehrsabfluss aus der Severinstraße inklusive des Lieferverkehrs für die dort ansässigen Geschäfte über die zukünftige Fahrradstraße (!) Kartäuserwall abzuwickeln. Dazu soll die Einbahnstraßenrichtung gedreht werden, um die LKW durch die Fahrradstraße zur Nord-Süd-Fahrt zu führen. Wir hatten Fahrradstraßen eigentlich anders verstanden. Sollte dort nicht versucht werden, den Kfz-Verkehr und insbesondere den motorisierten Durchgangsverkehr so weit wie möglich zurückzudrängen?

Wir könnten die Liste endlos fortführen. Wenn die Beispiele oben der Umsetzungsstandard für das Radverkehrskonzept und die Kölner Verkehrspolitik sind, dann fragen wir uns, warum wir Zeit in die Erarbeitung des Konzepts gesteckt haben. Angesichts der massiven Probleme mit Stau und Luftqualität müsste man die Maßnahmen aus dem RVKI mit maximaler Qualität und Priorität umsetzen und den Radverkehr endlich zu einem auch in der Infrastruktur gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer entwickeln.

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