Open Bike Sensor - Auf dem Weg zu stadtweiten Überholabstandsdaten

Der Open Bike-Sensor misst Überholabstände von Fahrzeugen beim Radfahren. Die Daten werden in Heatmaps visualisiert, zeigen Verkehrsprobleme auf und identifizieren Handlungsbedarf für Behörden und Polizei.

Auf dem Weg zu stadtweiten Überholabstandsdaten

Die OpenBikeSensoren kommen bald nach Köln! Über 2 Jahre haben wir daran getüftelt. Aber was ist eigentlich ein OpenBikeSensor und wofür ist er gut?  

Ein OpenBikeSensor misst die Überholab stände zwischen Autos usw. und Radfahrenden. Die gemessenen Daten werden in Heatmaps visualisiert und belegen objektiv und transparent, wo und wie häufig zu eng überholt wird. Sie machen Verbesserungspotenziale bei der Verkehrsinfrastruktur sichtbar und zeigen Kommunen, Ordnungsbehörden und der Polizei, wo Handlungsbedarf besteht.

In Stuttgart fing alles an

Das Projekt „OpenBikeSensor“ startete 2019 in Stuttgart. Im April 2020 machte dann ein Kölner Fahrradaktivist den Vorschlag, den OpenBikeSensor auch nach Köln zu holen. Die Idee wurde direkt positiv aufgenommen und es wurde versucht, sie umzusetzen. Da der Sensor aus Einzelteilen zusammengebaut werden muss und viele technische Besonderheiten beinhaltet, brauchten wir einen geschulten Fachmann auf dem Gebiet. Dabei lief nicht alles nach Plan. Erst bekamen wir keine Bauteile aus Stuttgart und dann schied unser Fachmann leider aus. Doch zum Glück stieß Thomas - ein Entwicklungsingenieur der Sporthochschule Köln – über Twitter zu uns. Und er hatte das, was wir nicht wirklich besaßen. Erfahrung im Zusammenbau von elektronischen Geräten. Denn diese Aufgabe stellte sich als wesentlich komplexer heraus, als am Anfang gedacht. Eins war auch schnell klar: Thomas und ich wollten unbedingt den OpenBikeSensor in möglichst großer Stückzahl nach Köln holen. Was fehlte, waren die Bauteile. Und obwohl wir alles versuchten, waren wir doch erfolglos.

Unterstützung vom Radentscheid Essen

Im Oktober 2021 meldete sich überraschend der Radentscheid Essen. Die Gruppe hatte Bauteile in Fernost (finanziell unterstützt von der Stadt) bestellt und nach Erhalt zu fertigen Sensoren zusammengebaut. Einer davon fand zu unserem Glück den Weg von der Ruhr an den Rhein nach Köln (s. Foto). Wieso da ein schwarzgelber Aufkleber mit dem Wort „Cityradler“ drauf klebt, ist eine andere Geschichte :-) . Im Dezember 2021 teilte der Radentscheid Essen über Twitter mit, dass auch Personen aus anderen Städten die Bauteile kostenpflichtig über ihn bestellen könnten. Das war der Moment auf den Thomas und ich gewartet hatten. Sofort starteten wir eine Abfrage über Social Media. Es meldeten sich daraufhin 18 Interessierte, die insgesamt 28 Bauteilesets auf eigene Kosten mitbestellten.

Doch in Köln ticken die Uhren anders als im Rest von Deutschland:

1. Hier handelt die Initiative rund um den OpenBikeSensor eigenständig und finanziert sich selbst.

2. Die OpenBikeSensoren werden von Thomas zusammengebaut inkl. Wartung/Fehleranalyse – das „Rundumsorglos-Paket“. Man kann auch dabei helfen. 

Am 01.01.2022 ging die Sammelbestellung von Essen an die einzelnen Anbieter in Fernost. Geplante Lieferung war Ende April/Anfang Mai. In der Zwischenzeit fuhren wir mit dem einen Open Bike Sensor durch die Stadt und sammelte viele Daten (s. Bild). Im Team waren wir uns einig, dass erst mal Daten über ganz Köln gesammelt werden müssen, bevor wir etwas damit unternehmen können. Bei zwei Aktionen wurde die Kölner Polizei und ein kleiner Teil der Politik über das Projekt vorab informiert.

Verzögerung durch Corona

Doch Corona dämpfte unsere Vorfreude auf die OpenBikeSensoren erstmal. Denn die Lieferung der Bauteile wurde durch die damit verbundenen Maßnahmen in Asien auf unbestimmte Zeit verschoben. Somit konnten wir nicht wie erhofft im Mai mit den ersten Sensoren durch Köln fahren und Daten sammeln.

 

Die Bauphase

Bevor Daten überhaupt erzeugt werden können, mussten die als Bausätze gelieferten Sensoren (Bausätze) erst einmal zusammengebaut werden. Wir starteten Mitte Juni und vier Wochen später waren 30 Open Bike-Sensoren fertig zusammengelötet.

Wer aber jetzt denkt, dass die Bausätze wie bei einem Modellbau aus dem Spielzeugladen aussehen und von jedem zusammengesetzt werden können, der liegt falsch. Es handelt sich hierbei um Bauteile von verschiedenen Lieferanten aus Fernost, bei deren Zusammenbau man einiges an Kenntnis und handwerklichen Geschick (z.B. Löten) mitbringen muss. Glücklicherweise haben wir in unserem Team mit Thomas einen Entwicklungsingenieur, der all dies mitbringt und sich mit Sensortechnik sehr gut auskennt. So fand unter seiner Anleitung in den Werkstätten der Deutschen Sporthochschule Köln der Zusammenbau statt. Bei den „Bastelstunden“ hatten alle Beteiligten sehr viel Spaß. Und jeder von uns ist jetzt zumindest in der Lage zu löten. Auf das Ergebnis sind wir sehr stolz, denn alle 30 OpenBikeSensoren funktionieren einwandfrei! Und sollte mal ein Sensor nicht mehr funktionieren, unterstützt uns Thomas auch weiterhin als Support sowie bei Reparaturen. Was natürlich eine große Erleichterung ist, da die Messung der Überholabstände über mehrere Jahre gehen soll und dabei jedes funktionierende Gerät wichtig ist. Bei der Messung eines Überholabstandes werden die Daten im Sensor gespeichert.

Aber wie kann man sie visualisieren? Das war am Anfang eine unserer größeren Baustellen. Denn die Visualisierung erfolgt über ein spezielles Portal. Dieses gab es für Köln noch nicht. Wir hätten uns zwar bei einem NRW-Portal beteiligen können, aber diese Notlösung stand von Anfang an auf wackeligen Beinen. Bei einem Projekt, was über viele Jahre angelegt ist und bei dem man auch den Datenschutz beachten muss, ist eine Notlösung keine gute Idee. Aber dieses Problem wurde überraschenderweise schnell gelöst. Denn es meldete sich das gemeinnützige Data-Science-Netztwerk CorrelAid (correlaid.org). Das Netzwerk verfügt in Köln über eine Lokalgruppe, die sich eben-falls mit dem Thema Open Bike-Sensoren aktiv beschäftigt. Nach mehreren Telefonaten kamen wir überein, gemeinsam das Team OpenBikeSensorKöln ins Leben zu rufen. Für CorrelAid war es mit deren Knowhow eine einfache Aufgabe, das Portal mit allen notwendigen Datenschutzvorgaben zu programmieren. Zusammengefasst kann man bis jetzt sagen, dass wir in Köln für das Projekt nun sehr gut aufgestellt sind. Wir haben

a. engagierte Fahrradfahrer:innen, die ehrenamtlich Daten zu Überholabständen sammeln.

b. insgesamt 40 Sensoren, die bei Bedarf schnell repariert werden können.

c. ein sicheres Portal zur Visualisierung und Pflege der Daten.

Wir sind jetzt bereit für den nächsten Schritt!! Dieser beinhaltet u.a.

a. die Kontaktaufnahme mit Organisationen, Verwaltungen, Projekten und/oder Personen, die die Daten sinnvoll einsetzen können.

b. die Klärung, ob das Portal für die Öffentlichkeit frei zugängig gemacht wird.

c. in welcher Form wir die Sensoren – z.B. über den ADFC – verleihen können.

Es ist noch viel zu tun. Wir packen es an!

Autor: Michael Dietz (Cityradler)

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