Stellungnahme des ADFC Köln zum Radverkehrskonzept Innenstadt
Die Stadt Köln plant ein Radverkehrskonzept für den Bezirk Innenstadt. Der ADFC Köln hat sich als Radverkehrsverband am zweijährigen Planungsprozess beteiligt. Die Planungsphase wurde mit einer Bürgerveranstaltung im Dezember 2015 abgeschlossen.
Derzeit erarbeitet die Stadtverwaltung eine Beschlussvorlage für die politischen Gremien. In einem Handlungspapier sind 166 Maßnahmen aufgelistet, die bis 2025 umgesetzt werden sollen. Die Maßnahmen sind kurzfristig (1-3 Jahre), mittelfristig (4-6 Jahre) und langfristig (ca. 10 Jahre) angelegt. Zur besseren Verständlichkeit und für eine visuelle Vorstellung der Maßnahmen haben wir eine interaktive Online-Karte erstellt in der alle Maßnahmen, die Netze sowie die Fahrradstraßen in verschiedenen Ebenen dargestellt werden. Im Gegensatz zu früheren Konzepten wurden in der aktuellen Planung erstmalig Zeiträume für die Umsetzung genannt. Die Verwaltung hat angekündigt, dass für die Umsetzung zusätzliche Mitarbeiter in der Radverkehrsplanung benötigt werden. Aus unserer Sicht sind jedoch deutlich mehr Stellen erforderlich, um die gesteckten Ziele zu erreichen.
Ein zusätzlicher Finanzbedarf für die Umsetzung wurde bereits erkannt. Aktuell werden in Köln jährlich 2-3 Euro pro Einwohner in den Radverkehr investiert. Nach dem Nationalen Radverkehrsplan 2020 der Bundesregierung muss die Stadt 19 Euro pro Einwohner und Jahr investieren, um fahrradfreundlich zu werden. Weil Investitionen in den Radverkehr im Vergleich zum Autoverkehr kostengünstig sind, sehen wir der Finanzierung entspannt entgegen.
Für das weitere Vorgehen fordern wir große Transparenz bei der Umsetzung. Unter anderem sollten die Bürger mindestens einmal im Jahr in verständlicher Form über den Fortschritt informiert werden. Hierunter verstehen wir beispielsweise den Umsetzungsstand der Maßnahmen sowie den aktuellen Radverkehrsanteil. Beides sollte im Vergleich zur Zielsetzung evaluiert werden. Für die konkrete Ausarbeitung der Maßnahmen bitten wir dringend um Beteiligung der Radverkehrsverbände. Dies umfasst insbesondere die Definition der Qualitätsstandards für Fahrradstraßen sowie „Shared Bike Lanes“. Zu Letzteren liegen uns bislang keine weiteren Informationen vor.
In allen Maßnahmen müssen die Vorgaben aus den aktuellen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) verbindlich umgesetzt werden. Sofern möglich, sollten die Maße deutlich überschritten werden. Bei geplanten Radschnellwegen müssen die entsprechenden Standards (mindestens 4 Meter Radweg plus 2 Meter Fußweg) Anwendung finden, um die erwarteten Radverkehrssteigerungen abdecken zu können.
Der Erfolg der Umsetzung ist maßgeblich von einer Zusammenarbeit mit den Ordnungsbehörden und den Abfallwirtschaftsbetrieben abhängig, um Radverkehrsinfrastruktur von parkenden Fahrzeugen, Müll, Unrat, Laub, Schnee und Scherben freizuhalten. Entsprechende Handlungsstrategien sind kurzfristig zu erarbeiten.
Hinsichtlich einer notwendigen Qualitätsoffensive vermissen wir die Bereiche Fahrradparken und Fahrradservice. Unter anderem müssen in allen Straßen durch Umwandlung von PKW-Stellplätzen ausreichend viele Fahrradabstellanlagen ohne gesonderte Beantragung zur Verfügung gestellt werden. Zur Stärkung des Umweltverbundes sollten an den wichtigsten Knotenpunkten des Öffentlichen Personenverkehrs Radstationen eingerichtet werden. Die Stadtmöblierung ist zum Beispiel um Luftpumpen zu ergänzen.
Die grundsätzliche Öffnung von allen Einbahnstraßen muss priorisiert umgesetzt werden. Die seit vielen Jahren überfällige Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht ist überall innerhalb eines Jahres umzusetzen.
Der aktuelle Ausarbeitungsstand enthält viele maßgebliche Verbesserungen für den heutigen Radverkehr in Köln. Im Strategiepapier „Köln Mobil 2025“ wurde eine menschengerechte und umweltverträgliche Mobilität für Köln beschlossen. Die dort angestrebte Steigerung des Umweltverbundes aus ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr ist nur durch eine massive Erhöhung des Radverkehrsanteils zu erreichen.
Um diese Ziele zu erreichen, muss die Attraktivität des Radverkehrs so weit gesteigert werden, dass jeder fünfte Kölner Autofahrer auf das Fahrrad umsteigt. Daher sind Änderungen am Maßnahmenkatalog erforderlich, die wir im Folgenden darstellen. Die zeitnahe Ausarbeitung von Radverkehrskonzepten für die weiteren Bezirke sowie eines stadtweiten Radschnellwegenetzes werden ebenso zur Zielerreichung beitragen.
Stellungnahme zu ausgewählten Maßnahmen
Die Umwandlung von Fahrstreifen zu Fahrradspuren auf der Nord-Süd-Fahrt im Norden und Süden wird dem Radverkehr neue Impulse geben. Da der Mittelteil noch nicht endgültig geplant wurde und die Maßnahmen nur mittel- und langfristig ausgelegt wurden, wird eine durchgängige Befahrbarkeit in beide Richtungen für den Radverkehr erst frühestens in 10 Jahren umgesetzt, obwohl dies ohne Baumaßnahmen kurzfristig umgesetzt werden könnte.
Am Rheinufer wird keine kurzfristige Verbesserung erreicht, da der Konfliktbereich zwischen Fußgängern und Radfahrern auf der Uferpromenade nicht aufgelöst wird. Vor über 20 Jahren wurde die Verwaltung mit einer Lösung für diese Situation beauftragt. Daher ist eine Einordnung als langfristige Maßnahme nicht akzeptabel. Eine Umsetzung der Tunneldurchfahrt sollte im Rahmen der anstehenden Tunnelsanierung in den kommenden 3 Jahren durchgeführt werden.
Eine zentrale Ost-West-Achse ist nicht erkennbar. Hier ist auf der Mittelachse vom Aachener Weiher bis zur Deutzer Freiheit eine Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn durch Umwandlung einer Fahrspur umzusetzen.
Für die Kölner Ringe gab es bislang keine Beteiligung der Radverkehrsverbände. Hier sollte der 10-Punkte-Plan der Initiative #RingFrei vollständig und kurzfristig umgesetzt werden. Die langfristige Umgestaltung der Ringe nach Speers Masterplan ist davon unabhängig zu betrachten.
Das Fahrradstraßennetz aus 50 Straßen ist bisher bundesweit einmalig und daher zu begrüßen. Allerdings wird der Qualitätsstandard für Fahrradstraßen nicht klar definiert. Hier erhoffen wir uns eine zeitnahe Konkretisierung. Der dann angedachte Qualitätsstandard ist bereits mit Einrichtung der jeweiligen Fahrradstraße und nicht in einem zweiten Schritt umzusetzen.
Das weitere Grüne Netz ist für den Radfahrer im Alltag nicht erkennbar. Hier sind im Mischverkehr auf den Rad-Vorrang-Straßen deutliche und häufige Markierungen, beispielsweise durch Piktogramme, erforderlich. Ebenso wäre eine Routenführung abseits rein touristischer Ziele wünschenswert.
Die Öffnung der Gladbacher Straße kann sich dank der eingeplanten Maßnahmen zu einer wichtigen Verbindung zwischen Ehrenfeld und der Innenstadt entwickeln. Die Überleitung von der Gladbacher Straße zur Bahnunterführung muss allerdings noch wesentlich fahrradfreundlicher gestaltet werden.
Die Achse Zülpicher Straße bis Jahnstraße wird erfreulicherweise zu einer Umweltverbundachse. Eine durchgängige Führung des Radverkehrs zwischen den Schienen auf der Fahrbahn würde die derzeit geplanten mehrfachen Schienenquerungen vermeiden und dem Fußgänger mehr Platz zu geben.
An der Deutzer Brücke gibt es Verbesserungen für den Radverkehr. Leider sind die konkreten Maßnahmen nicht vollständig dokumentiert.
Die Rampe von der Hohenzollernbrücke zum Breslauer Platz ist bereits seit Jahrzehnten im Gespräch. Die Umsetzung muss unabhängig von einer Erweiterung des Hauptbahnhofs kurzfristig umgesetzt werden. Eine deutliche Verbreiterung des Fuß- und Radwegs auf der Südseite ist zwingend erforderlich.
Die Zu- und Abfahrt zur Severinsbrücke für den Radverkehr wird immerhin mittel- bis langfristig deutlich verbessert. Dies erlaubt zusammen mit den Maßnahmen an den Bächen eine optimierte Anbindung der südlichen Innenstadt nach Deutz.
Bei der Zoobrücke und der Südbrücke sind ein schnelleres Vorgehen sowie ein Ausbau nach dem Radschnellwegstandard (mindestens 4 Meter Radweg plus 2 Meter Fußweg) erforderlich. Die Südbrücke kann derzeit nur als Fußgänger genutzt werden.
An allen Knotenpunkten im Gelben und Grünen Netz sind die Kreuzungen kurzfristig auf mindestens 15 Meter von parkenden Kraftfahrzeugen, Stadtmöblierung und anderen Objekten verbindlich freizuhalten. Die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer wird durch die so geschaffenen Sichtbeziehungen maßgeblich erhöht.
Die mit einem Zeithorizont jenseits von 10 Jahren geplanten Vorhaben, sind innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums umzusetzen und mit konkreten Planungen zu hinterlegen.
Ergänzend wurde der Maßnahmenkatalog der Stadtverwaltung in einer kommentierten Online-Tabelle vom ADFC Köln bereitgestellt.
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