Schnitzeljagd durch Köln
Vor gut einer Woche haben die StEB Teile des Rheinufers abgesperrt. Die StEB machen hier einen ganz hervorragenden Job. Durch massive Hochwasserschutzmaßnahmen ist es gelungen, Köln seit mehr als einem Vierteljahrhundert trocken zu halten
Was jedoch nach wie vor nicht funktioniert ist die Führung des Fuß- und Radverkehrs. Zuständig ist hier das Verkehrsdezernat der Stadtverwaltung. Dort sitzt man dieses Thema seit Jahren aus.
Nach dem letzten größeren Hochwasser wurde auf Druck des ADFC für den Bereich zwischen der Innenstadt und Rodenkirchen eine weiträumige Umfahrung durch Bayenthal und Marienburg erarbeitet und dieses Jahr mit Sperrung des Radwegs auf Höhe des Bootshaus Achterdeck zum ersten Mal ausgeschildert.
Für die Innenstadt gab es auch in diesem Jahr weiter keine Lösung für den Fuß- und Radverkehr. Die Rheinuferpromenade ist vollständig abgeriegelt und weitgehend überflutet. Erst auf Druck wurde eine Umleitung durch die Altstadt in Form einer schlecht organisierten Schnitzeljagd ausgeschildert. An einigen Stellen erinnert die Positionierung der Schilder an die Wimmelbilder aus der Kinderbuchreihe „Wo ist Walter?“. Menschen zu Fuß können diese Umleitung zudem nicht legal, sondern nur über Radwege erreichen.
Nördlich des Hauptbahnhofs gibt es jeweils einen nutzbaren Gehweg und Radweg, die aber den Massen an Fahrradpendlern, Spaziergängern und Hochwassertouristen nicht standhalten. Auf der zu schmalen Infrastruktur kommt es zu gefährlichen Begegnungen.
Umleitungen mit 30-45 Minuten Umweg für Radfahrende bei gleichzeitig uneingeschränktem Autoverkehr sind nicht akzeptabel. Wer den Ausbau des Fuß- und Radverkehrs proklamiert, wer weniger Autoverkehr haben will, wer die Menschen vom Umstieg im Sinne der Verkehrswende überzeugen will, wer die Pariser Klimaziel wirklich erreichen will, der muss den Umweltverbund auch wirklich ernst nehmen.
Seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind die dauerhafte Umwandlung eines Fahrstreifens der Rheinuferstraße und die Durchfahrung des Rheinufertunnels im Gespräch. Die Politik in den Bezirksvertretungen und der Verkehrsausschuss müssen hier endlich Fakten schaffen und eine durchgehende Radverbindung von Rodenkirchen bis Nippes beschließen. Dass dies schon jetzt noch während des Hochwassers sofort umsetzbar ist, haben wir im letzten Jahr mit unseren Demoaktionen mehrfach bewiesen.
Trotz insgesamt eingeschränkter Mobilität durch Lockdown, Homeoffice und Kurzarbeit ist der Radverkehr in Köln um "karnevalistische" 11% angestiegen. Die Stadt Köln hat das Potential allerdings nicht ausgeschöpft: Berlin legte um 22%, Hamburg um 33% zu. Dies liegt an dort zusätzlich geschaffener Infrastruktur anlässlich der Pandemie, aber auch am oft dilettantischen Umgang mit dem Radverkehr in Köln, wie die Hochwasserumfahrung zeigt.