Stellungnahme zum MIV-Grundnetz
Der ADFC Köln kritisiert die Berichterstattung zum MIV-Grundnetz und fordert, die Modernisierung der Radwege an den Hauptachsen des Autoverkehrs mit Priorität voranzutreiben.
Berichterstattung ist verkürzt
In der aktuellen Berichterstattung wird der Eindruck erweckt, beim Grundnetz für den motorisierten Individualverkehr handele es sich um ein verwaltungsinternes Projekt und es gebe einen „ersten“ nicht-öffentlichen Entwurf.
Richtig ist:
- Das MIV-Grundnetz geht zurück auf einen von Grünen, CDU und Volt gemeinsam eingebrachten Antrag, dem der Rat am 24.06.2021 zugestimmt hat
- Die Verwaltung hat den Verkehrsausschuss und die Öffentlichkeit im Mai 2022 über das Projektvorgehen informiert.
- Der vom Rat beschlossene Facharbeitskreis wurde in den SUMP-Prozess integriert (Sustainable Urban Mobility Plan / Nachhaltiger Mobilitätsplan): Es gibt ein Begleitgremium zum MIV-Grundnetz mit u.a. Vertretern der Politik, des Stadtwerke-Konzerns, der KVB, der Polizei, der Feuerwehr, dem ADAC, der IHK, der Handwerkskammer, diversen Logistikverbänden und auch dem ADFC. Dort werden alle Beteiligten informiert und es wird viel diskutiert.
- Das Netz wurde zuletzt beim Forum „MIV-Grundnetz und Kfz-Verkehr“ im Juni 2023 behandelt, und auch diese Ergebnisse wurden veröffentlicht.
Einige Medien versäumen es, über den breiten Konsens hinter dem Konzept und die umfangreichen Bemühungen um eine öffentliche Beteiligung zu berichten. Ebenso fehlen Informationen darüber, wie die aktuelle und die zukünftige Verkehrsbelastung berücksichtigt wurde: In vielen untersichten Korridoren konstatiert die Verwaltung eine Stagnation oder sogar Abnahme des KfZ-Verkehrs.
Radwege an MIV-Hauptachsen
Beispielsweise wurde in einem Kommentar suggeriert, dass auf den roten Linien alles erstmal bleiben darf, wie es ist. Hierzu stellen wir fest: Es ist ein grobes Missverständnis, dass auf den zukünftigen Hauptachsen des KfZ-Verkehrs kein Radverkehr stattfindet oder dass dort keine Maßnahmen zur Ertüchtigung notwendig sind. Im Gegenteil: Viele Achsen des MIV-Grundnetzes sind auch Achsen des Radverkehrshauptnetzes und insbesondere an Straßen mit starker KfZ-Belastung ist eine qualitativ hochwertige, ausreichend dimensionierte und sichere Radfahrinfrastruktur notwendig, die sowohl vom Kfz- als auch vom Fußverkehr getrennt ist.
Ausgerechnet an den Straßen des geplanten MIV-Hauptnetzes ist das Kölner Radwegenetz entweder veraltet oder schlicht nicht vorhanden – der Handlungsbedarf ist immens.
Beispiele:
- Luxemburger Straße: Kein Radweg vorhanden, gleichzeitig Unfallschwerpunkt mit bereits zwei Todesfällen; dringende Notwendigkeit zur Temporeduzierung aus Gründen des Lärmschutzes und zur Einhaltung der Stickstoffoxid-Grenzwerte; Beschlusslage der Bezirksvertretung Lindenthal
- Aachener Straße stadtauswärts ab Innerer Kanalstraße: Konflikte zwischen Fuß, Rad, Gastronomie auf einem zu schmalen Hochbord
- Rheinuferstraße: Konflikte zwischen Fuß und Rad zwischen Schokoladenmuseum und Hohenzollernbrücke; regelmäßige Verengung durch Flohmärkte
- Innere Kanalstraße: Radweg durch Wurzelschäden schlecht benutzbar; fehlender Ausbau zwischen Aachener Straße und Dürener Straße in Fahrtrichtung Süd
- Gürtel: Umwandlung einer Fahrspur und Tempo 30 zur Beschlussfassung empfohlen durch die Bezirksvertretungen Nippes und Ehrenfeld
ADFC fordert Ausbau von Fuß- und Radwegen entlang der MIV-Hauptachsen
Wir begrüßen das Bestreben, mit dem MIV-Grundnetz die endlosen und nicht immer faktenbasierten Diskussionen um jede einzelne Straße zu beenden und der Verwaltung Leitlinien an die Hand zu geben, um das Kölner Verkehrsnetz für alle Verkehrsarten weiterzuentwickeln. Ob es gelingt, die ideologische Fokussierung auf das Automobil und das Ideal einer autogerechten Stadt zu beenden, wird sich daran zeigen, ob der Ausbau der Wege für Fuß und Rad entlang der Hauptachsen des Autoverkehrs mit Nachdruck und breiter politischer Rückendeckung vorangetrieben wird. Wir fordern, dass die Flüssigkeit und insbesondere die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden auch im MIV-Grundnetz jederzeit gewährleistet wird.
Über den ADFC Köln
Der ADFC ist ein Verband von Radlerinnen und Radlern, die gemeinsam das Ziel verfolgen, den Verkehr fahrrad- und fußgängerfreundlicher zu gestalten. Der ADFC Köln e.V. wurde 1979 gegründet. Inzwischen ist die Mitgliederzahl auf über 5.000 fahrradbegeisterte Radlerinnen und Radler angewachsen. Das Gebiet umfasst die Stadt Köln.